Wir haben nachts ein Problem zu lösen.
Gegen Abend hatte sich zuvor ein merkwürdiges, regelmäßig quietschendes Geräusch eingestellt. Mal etwas lauter, mal etwas leiser. Aufgrund des aufs MoMo-Dach prasselnden Regens konnten wir es aber nicht genau lokalisieren. Kommt es aus dem Doppelboden? Aus dem Bad? Vom Kühlschrank? Wir wissen es nicht. Und irgendwann sind wir zu müde, um uns weiter zu kümmern und haben uns auf eine Weise auch dran gewöhnt. Also ab ins Bett! Da kümmern wir uns morgen drum.
Dumm nur, wenn man dann nachts um 2 Uhr von diesem Geräusch wieder geweckt wird. Und nicht mehr einschlafen kann. Und sich sicher ist, dass es der Kühlschrank sein muss, der so quietscht. Und sich ärgert, dass der nach ein paar Monaten einen Defekt hat. Und dann nur halb wach in seine Regenjacke schlüpft, um mal von draußen an den Kühlschrank-Lüftungsgittern zu lauschen. Und dann endlich festzustellen, dass das Geräusch nicht vom MoMo stammt, sondern irgendwo aus dem Wald auf der anderen Straßenseite kommt. Wir kommen uns schwer an unsere Episode mit der Geckomaus in den Alabama Hills erinnert vor.
Kennt jemand ein Tier, dass nachts so regelmäßig mechanisch quietschende Geräusche macht, dass man diese für eine Maschine hält? Und wundersamerweise ist es, nachdem ich mit der Stirnlampe vergeblich in den Wald geleuchtet habe, für den Rest der Nacht still. Problem gelöst.
Hin- und hergerissen
Wir sind uns nicht ganz sicher, wie es weitergehen soll. Über allem schwebt der Wetterumschwung, der am Samstagabend wohl ziemlich drastisch sein soll. Starkregen und maximal 15° sind angekündigt. Wir wollen die sonnige Zeit also bestmöglich nutzen. Aber was heißt bestmöglich? Viel fahren und viel sehen? Oder an einem Ort bleiben und die Sonne genießen? Denn ja, nach dem Dauerregen in der vergangenen Nacht ist es morgens wieder sonnig.
Wir könnten heute die Strecke Flekkefjord nach Egersund fahren, die ja allen Berichten nach ein Kracher sein soll. Aber auch die Insel Hidra südlich von Flekkefjord lacht uns an – Inseln gehören doch auf unseren Reisen zum Pflichtprogramm! Und dann gibt es ja auch noch die Halbinsel Lista zu erkunden, auf der wir uns gerade befinden. Hier soll es flache, weite Sandstrände geben, die man auf den ersten Blick so gar nicht mit Norwegen in Verbindung bringt.
Sommerfrische
Wir entscheiden uns für letzteres. Wenn uns Lista nicht gefällt, können wir danach immer noch Richtung Flekkefjord fahren oder Hidra aufs Programm setzen.
Es wird überraschend. Denn zunächst ist die Landschaft noch eher norwegisch herb (und natürlich wunderschön). Aber nachdem wir unseren ersten Tunnel seit Langem durchfahren haben, sieht die Landschaft auf einmal viel sanfter aus. Und zusammen mit dem strahlenden Sonnenschein wirkt der Ort Vanse, den wir durchfahren, fast schon wie ein klassischer Badeort für die Sommerfrische.
Wenige Kilometer weiter gibt es am Strand von Nordhasselvika den versprochenen Sandstrand, der sich in weitem Bogen in die Bucht schmiegt. Und wir müssen an dieser Stelle ein Geständnis machen: Wir sind durch die Bretagne und Schottlands Äußere Hebriden anscheinend offiziell versaut. So ultimativ kickt uns dieser Strand nämlich nicht, obwohl alles stimmt, was wir darüber gelesen haben: feinsandig, flach ins Wasser abfallend. Aber ein Zielpunkt, von dem wir das MoMo nicht mehr wegbewegen wollen, ist er nicht. Wir fahren weiter nach Borhaug, wo es am Hafen einen Stellplatz geben soll und wollen dann später mit dem Fahrrad zum Strand fahren.
Tiefenentspannter Hafen
Der Hafen befindet sich nur wenige Kilometer weiter in Richtung des Leuchtturms von Lista. Und er ist ein kleines Womo-Paradies, vor allem für die Rentner, die es sich hier im Schatten ihrer Markise gut gehen lassen. Denn es sind alle Versorgungsmöglichkeiten vorhanden und auch Strom, Waschmaschine, Trockner(!) und WLAN sind kostenlos. Das ist ja mal eine Ansage!
Für so ein Kracherangebot ist es noch gar nicht so voll, auch wenn es noch früh am Mittag ist. Wir überlegen hin, wir überlegen her. Eigentlich gefällt es uns gut hier und gegen die Rundum-Sorglos-Versorgung hätten wir auch nichts einzuwenden. Aber irgendwas treibt uns weiter. Wahrscheinlich eine Ahnung.
Nervenkitzel Mole
Denn ein As haben wir noch im Ärmel. Es soll hier eine Möglichkeit geben, am Ende der Hafenmole zu stehen. Und das klingt ziemlich unglaublich, wenn man es sieht. Denn die Mole ist lang. 750 Meter lang. Und die befahrbare Fläche gute 3 Meter breit. Annette ist kategorisch dagegen, da auch nur draufzufahren. So blöd müsste man ja erst mal sein! Also, so wie ich. Mich reizt die Herausforderung und der tolle Stellplatz am Ende doch zu sehr, als dass ich es nicht versuchen würde.
Während Annettes Fingerknöchel sich beim Hineinkrallen in den Beifahrersitz weiß färben, stelle ich vergnügt fest, dass das nun wirklich nicht schwer oder gar gefährlich ist und es unterwegs beruhigenderweise noch Ausweichstellen gibt. Easy!
Hier bleiben wir!
Am Ende der Mole steht ein pittoreskes Leuchtfeuer für die Hafeneinfahrt und es gibt eine geschotterte Fläche, wo man mit dem MoMo prächtig stehen kann. Erstaunlicherweise sind wir die einzigen, die sich hierhin verirren. Ob es doch noch einen Haken an der Sache gibt? Wir finden ihn zumindest nicht heraus.
Die Stelle ist wirklich grandios: Hinter der Hafeneinfahrt sehen wir Motorboote, Surfer und Kiter ihre Runden drehen. Hinter der Mole glitzert das Meer und ein gekentertes Segelboot zeigt, dass es wohl auch tückisch sein kann, hier mit dem Schiff unterwegs zu sein.
Wir stellen fest, dass das wohl genau das ist, was wir gerade gebraucht haben. Denn den Plan, mit den Rädern zum Strand zu fahren, verwerfen wir. Einfach in den Windschatten setzen, Sonne genießen, den Blick schweifen lassen.
So einfach kann das sein!
Belohnung zum Schluss
Nachdem wir den Tag so sehr genossen haben, werden wir abends noch mal mit einer Fotosession am Leuchtfeuer belohnt.
Es kann wirklich so einfach sein, uns glücklich zu machen. Wir können uns nichts Schöneres vorstellen, als genau das zu tun, was wir gerade machen.
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