Unsere Glückssträhne setzt sich fort. Heute hat der Wind nachgelassen und ein Frühstück im Freien ist nicht nur möglich, sondern Pflicht.
Wir kosten unsere Zeit auf dem Campingplatz bis mittags aus und genießen auch heute noch mal die Stille und das entspannte Leben hier. Nach der Ver- und Entsorgung geht es dann los.
Wohin, wohin?
Wir sind ein bisschen zerrissen. Einerseits haben wir mit unserer „unbekannte Orte auskundschaften“-Strategie Blut geleckt. Andererseits gibt es ja westlich und nördlich von uns ebenfalls richtig tolle Orte zu sehen. Und drittens versuchen wir auch den Wetterbericht ein bisschen mit einzubeziehen. Denn das Wetter wird wohl ab der kommenden Woche deutlich schlechter. Und dann will man nicht unbedingt im Fjordland sein, wo sich der Regen gerne abregnet.
Wir entscheiden uns für einen Mittelweg. Wir wollen uns in Richtung Küste bewegen, aber auch noch ein Tal erkunden, dass sich für uns vielversprechend anhört: das Kvinesdal.
Achterbahn
Auf dem Weg dorthin fahren wir über die RV42, eine der sekundären Verbindungsstraßen, wo es sich gut und (für norwegische Verhältnisse) flott fahren lässt. Was man auf der Karte nicht sieht: wie es permanent auf und ab geht. Also nicht hubbelig mal so, mal so. Sondern: richtig den Berg rauf und dann, gerne auch mal steil, wieder runter. Das Spiel wiederholt sich mehrmals, bis wir dann ins Kvinesdal abbiegen.
Das haben wir uns ausgeguckt, weil in einem Reiseführer stand, dass es eine abenteuerliche Streckenführung gibt (sehr gut!) und zum anderen, weil am Ende, im Ort Knaben, ein aufgegebenes Bergwerk steht, was ganz pittoresk aussehen soll.
Jettegrytene mal wieder
Kurz nachdem wir ins Tal eingefahren sind, finden wir an einem wunderbaren See einen schönen Platz für eine Kaffeepause. Die können wir auch ganz gut brauchen, bevor wir uns ins Tal begeben.
Dort gibt es mal wieder Gletschertöpfe, oder wie wir Norweger sagen: Jettegrytene. Diesmal sehen die Auswaschungen jedoch ganz anders aus als in Sild. Die Becken sind eher breit als tief und liegen auf der anderen Seite des an uns vorbeischäumenden Flusses. Aber sehr fotogen sind sie trotzdem. Und Annette und Elli natürlich auch…
James Bond lässt grüßen
Im weiteren Verlauf teilt sich die Straße. Die RV465 führt links der Kvina vorbei, hat aber auch ein Warnschild: 3,70 Meter Höhenbegrenzung und 2,40 Meter Breitenbegrenzung. Wir folgen mal lieber der Alternativroute rechts des Flusses und sehen nach ein paar Kilometern auch den Grund: Es gibt eine gar nicht mal so vertrauenerweckende schmale Brücke, die diese Beschränkung notwendig macht. Die müssen wir doch auf dem Rückweg dann mal ausprobieren!
Am Wegesrand sieht man immer mal wieder die Kvina, die mal ruhig, mal steinig sprudelnd zu Tale fließt.
Und am Talende sind wir dann platt. Ein richtiges Feriendorf steht hier! Wären die Häuser hier nicht typisch skandinavisch, würden wir fast glauben, wir seien in einem Skigebiet in den Alpen. Sessellift, Stausee und jede Menge Ferienhäuser. Alles da.
Und dann ist da noch das Bergwerk. Es thront oberhalb des Dorfes und unterhalb sieht man eine richtig große Sanddüne. Es ist ein so abgefahrener Anblick, dass es mit ein bisschen Make-up die perfekte Location für den nächsten James-Bond-Bösewicht wäre.
Unser Problem ist nur: damit hätten wir hier nicht gerechnet. Es gibt sogar so was wie einen Campingplatz, aber der ist erkennbar für Wintercamping gemacht und im Sommer eine so hässliche Schotterfläche, dass man da nicht wirklich stehen will. Und in der Nähe der Häuser Freistehen ist ein No-go. Wir kehren also dem Ort wieder den Rücken und müssen uns neu orientieren.
Rückweg mit Aussicht
Als Erstes probieren wir jetzt mal die Überfahrt über die schmale Brücke aus. Ich warte ein bisschen darauf, dass der Spiegel „plöp“ macht, aber es passt – vielleicht an jeder Seite 2 Zentimeter Platz müssen ja auch reichen…
Unterwegs halten wir immer mal wieder an, um Fotos zu machen oder einen Platz auf Freistehmöglichkeit zu checken.
Aber irgendwie haben wir diesmal kein Glück. Wir beschließen daher, nach Kvinesdal zu fahren, wo es einen Stellplatz im Zentrum geben soll. Der entpuppt sich dann aber als schnöder Parkplatz, auf dem die Womo-Plätze alle vergeben sind. Und so schön ist er nicht, dass wir uns als Alternative, wie schon einige andere Womos, auf eine reguläre Parkfläche stellen.
Fjordblick
Einen Pfeil haben wir noch im Köcher. Wenn wir der FV551 folgen, soll es noch einen Platz mit Aussicht auf den Fedafjord geben. Probieren wir aus! Es geht auf einer abenteuerlichen Straße mal wieder gut bergauf. Urig norwegisch! Als wir an dem Parkplatz ankommen steht dort schon ein deutsches Pärchen mit seinem gelb-weißen VW-Bus. Das MoMo passt aber noch in Nicht-Kuschelabstand dahinter. Und da die Aussicht wirklich nicht schlecht ist, freuen wir uns über unseren Schlafplatz für die angekündigte Regennacht.
0 Kommentare