Und schon wieder gehen wir getrennte Wege. Denn Annette hat keine Lust auf eine Whisky-Tasting-Tour in einer Destillerie. Ich aber schon! Da ich noch nie eine gemacht habe, kann ich aus dem Vollen schöpfen. Eher zufällig fällt meine Wahl auf die Glenlivet-Destillerie und anscheinend habe ich damit ein glückliches Händchen gehabt.
Ich habe gestern das letzte Ticket für die 11.30-Uhr-Führung ergattern können und mache mich von unseren schnuckeligen Stellplatz aus auf den knapp 2 Kilometer langen Weg durch die herrliche Frühlingslandschaft.
The Glenlivet
Die Destillerie ist auf den ersten Blick nicht so offensichtlich beeindruckend, wie die beiden, an denen wir gestern vorbeigefahren sind. Aber auf den zweiten Blick merkt man, dass hier auch alles perfekt in Szene gesetzt wird.
Vor allem, als ich dann den Eingangsbereich betrete, bin ich beeindruckt. Das sieht hier eher aus wie die Lobby eines 5-Sterne-Hotels. Alles vom feinsten, toll und geschmackvoll in Szene gesetzt. Ein Paradies zum Fotografieren, schon bevor die Tour losgeht.
Unsere Tour, angenehmerweise nur mit zehn Personen, ist wohl vor Kurzem erst neu konzipiert worden und man muss sagen: Die haben sich wirklich alle Mühe gegeben. Ein echtes Hochglanzprodukt ist da entstanden. Da werden zwischendurch top-produzierte Videos abgespielt und wirklich alle Infos zur Firmengeschichte um Gründer George Smith, den ersten (und meistgehassten) lizensierten Whiskybrenner der Region und zum Produktionsprozess gut in Szene gesetzt.
The tasting
Am meisten genieße ich es, unserer Tourguide Lucy mit ihren wunderbaren schottischen Akzent zuzuhören. Könnte ich stundenlang! Aber nach einer guten Stund geht es zum Tasting. Auch das ist wieder beeindruckend perfekt in Szene gesetzt. Da ich noch fahren muss, kann ich nur schnuppern und ein wenig nippen. Die Reste aus den fertig vorbereiteten Gläsern müssen dann aber nicht weggeschüttet werden, sondern werden mit Mini-Trichter als „Driver’s pack“ in winzige Fläschchen umgefüllt. Super! Besonders geschmeckt hat mir natürlich dann der teuerste Whisky der drei Varianten… Der 18-jährige Glenlivet schmeckt aber wirklich toll smooth und rund. Er ist geschmacklich ganz anders als der 12- und 15-jährige Whisky. Er schmeckt so intensiv nach dunkler Schokolade und Orangen, als hätte jemand das Aroma aus einer Packung Jaffa-Cake herausgepresst. Sollte man mal erlebt haben!
Zurück ans Meer
Nachdem ich Annette begeistert Bericht erstattet habe, begeben wir uns auf die Weiterreise. Es geht weiter durch die Speyside und immer wieder mal taucht eine Destillerie oder zumindest ein Hinweisschild auf.
Es mag am guten Wetter liegen, aber uns gefällt die Landschaft hier ausgesprochen gut. Sanft geschwungene Hügel, Weite und leere Straßen, sodass man auch als Fahrer entspannt auf der Nebenstraße cruisen kann.
Schon wieder haben wir ein Ziel aus kulinarischen Gründen gewählt: In Cullen gibt es den angeblich unglaublich leckeren Fischeintopf Cullen Skink, den wir morgen probieren wollen. Tim Mälzer musste ihn bei Kitchen Impossible nachkochen und behauptet, dass er zu den leckersten Gerichten gehört, die er in der Serie zu essen bekam. Wenn das keine Empfehlung ist!
Wir finden es in Cullen gut vor. Ein hübsches Städtchen am Meer. Hinter dem Hafen gibt es sogar einen inoffiziellen Womostellplatz direkt am Meer mit Aussicht auf die ganze Bucht. Luxuriös!
Bow Fiddle Rock
Beim Schmökern, wo wir als Nächstes hinfahren, entdecke ich, dass der Bow Fiddle Rock hier um die Ecke ist. Hatte ich ganz vergessen!
Wir machen uns auf den Weg entlang des Moray Coast Trail. Der Küstenpfad führt uns im schönsten Abendlicht am Viadukt vorbei zum Strand unterhalb des Golfplatzes. Wir rätseln zunächst, wie wir um die Felsenklippen herum kommen, aber der Coast Trail führt auch hier mittendurch. Hervorragend!
Bei so einem schönen Licht erwarte ich fast, dass es hier vor Fotografen wimmelt. Tatsächlich sind wir aber die einzigen, die hier sind. Genial!
Während ich die Langzeitbelichtungen mache, habe ich hinreichend Zeit, dem Treiben der Möwen zuzusehen, die kreischend um den Felsen herumkurven. Hier ist richtig was los. Manche Möwen halten sogar für eine 30-sekündige Langzeitbelichtung vorbildlich still und bewegen sich nicht vom Fleck. Gute Models!
In der Beschreibung des Felsens wird immer erwähnt, dass man da irgendwie einen Geigenbogen entdeckt. Für mich sieht das vielmehr aus wie ein Elefant, der über seine rechte Schulter guckt und mich gleich mit dem Rüssel nass spritzen will. Wie seht ihr das? Fiddle oder Elefant?
Aber egal wie: Auch hier ist es wieder wunderschön. Was ist Schottland für ein vielfältiges Reiseland! Das stellen wir abends beim Vertilgen des Driver’s Pack sehr zufrieden fest.
Elefant!😉