Unser Kanal ist ein feines Fleckchen. So fein, dass wir heute zu einer kleinen Runde zum anderen Ufer aufbrechen. Wir bewundern die Hausboote am Ufer, die sich in einem unterschiedlichen Zustand von Verfall befinden. Es gibt aber auch ein paar liebevoll gepflegte Exemplare.
Auf diesem Rundweg begleitet uns ein aufwändig neu gestalteter und vorbildlich abgetrennter Fuß-/Radweg, der in harschem Kontrast zu den teils arg verfallenen Brücken steht. So als würde man hier mit viel Geld eine Region wiederbeleben, die ihre besten Tage schon hinter sich hatte. Uns gefällt’s aber recht gut.
Entnervt
Wir haben keine große Eile und beschließen, mal wieder über die Dörfer statt über die kostenpflichtige Autobahn zu fahren. Aber ein Vergnügen ist das größtenteils nicht. Viele Ortsdurchfahrten mit Rechts-Vor-Links-Regelungen, todesmutige Trecker und schließlich setzt noch der vorhergesagte Dauerregen ein.
Als wir an einem Kreisverkehr schließlich eine Vollsperrung wegen eines Unfalls erleben und noch mal einen Schlenker fahren müssen, ist es genug. Wir löschen die Option „gebührenfreie Route“ im Navi und begeben uns auf die Autobahn, auf der wir dann zumindest in gleichmäßigem Tempo in Richtung Westen fahren.
Als ich dann an der Mautstation sehe, dass das MoMo als „Classe 3“ (Truck oder Bus über 3,5 Tonnen) eingestuft wird, probiere ich mal einen Hinweis aus, den ich irgendwo im Internet aufgeschnappt habe. Ich drücke als Nicht-Französisch-Sprecher einfach am Automaten den Knopf, um mit einem Menschen zu sprechen, stammele mein „Change Classe Deux s’il-vous-plait“ in den Lautsprecher und siehe da: Die Einstufung ändert sich auf „2“ und ein freundlicher Franzose wünscht mir „Bon voyage“. Ich bin richtig stolz…
Herrenhaus mit Calvados
Wir beschließen, unsere Tagesetappe etwas zu verkürzen. Annette hat wieder mal gezaubert und einen Hof mit Cidre und Calvados im Angebot gefunden. Da wir mittlerweile in der Normandie sind, passt das doch hervorragend. Die Gentilhommière, zu Deutsch: Herrenhaus, sieht auf den Fotos sehr einladend aus und als wir von der Straße abfahren, haben wir ein gutes Gefühl. Zumindest so lange, bis wir sehen, dass es auch zwei Golden Retriever gibt, die freundlich aufs MoMo zulaufen. Während Annette mit der empörten Toffi und Elli erst mal im Womo bleibt, sondiere ich die Lage und kläre mit Madame Platel ab, ob wir hier bleiben können und ob es Stress mit unseren Hunden geben könne. Sie ist aber ganz entspannt und lädt uns erst mal in die Boutique auf eine Degustation ein. Was haben wir das vermisst!
Wir trinken uns durchs Sortiment von Cidre, Pommeau (ein kalt getrunkener Aperitif aus Cidre und Calvados) und Calvados, der hier beeindruckende 10 Jahre gelagert wird. Wir erweisen uns als gute Kunden und packen alles ein, was uns schmeckt. Also eigentlich alles…
Regenpause
Wir parken das MoMo im Hinterhof und nutzen die kurze Regenpause für eine kleine Runde durch den Ort. Annette übt mit Toffi fleißig, dass es okay sein kann, dass auch andere Hunde da sind und es wird langsam aber sicher etwas besser. Und das unter erschwerten Bedingungen: Unsere junge Hundedame ist nämlich pünktlich zur Abreise das erste Mal läufig…
Als der Regen wieder einsetzt, verkriechen wir uns im MoMo, freuen uns, dass Monsieur Platel auch noch mal kurz nach dem Rechten fragt und versuchen, keine Depressionen beim Blick auf den Wetterbericht zu bekommen. Die kommende Woche droht, übel zu werden.
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