Das Wetter ist zu schön, um heute schon weiterzufahren. Noch dazu, wenn man auf so einem schönen Platz steht. Wir beschließen, eine Radtour zum Weltkulturerbe Mont-Saint-Michel zu machen. Da können wir flexibel handhaben, wie viel Menschenmassen es heute sein dürfen.
Radtour zur Klosterinsel
Wir fahren los und können direkt wieder umkehren. Denn im windstillen Sonnenschein vor dem MoMo waren wir der Annahme, dass es frühlingshaft warm ist. Auf dem Rad bläst uns dann aber ein teilweise eisiger Wind entgegen. Wir ziehen lieber eine winddichte Jacke für die Fahrt an.
Zunächst ist es so idyllisch einsam wie gestern. Wir fahren über sanft geschwungene Feldwege, die Abteiinsel immer unausweichlich im Blick.
Als wir am P12 ankommen, sind wir gleichermaßen beeindruckt wie erleichtert. Beeindruckt von der schieren Größe der vorgehaltenen Parkflächen. Erleichtert, weil sie nur zu einem Bruchteil gefüllt sind. Alles in der Gegend hier fühlt sich nach Vorsaison an. Sollten wir also das Glück haben, dass wir die Gezeiteninsel mit recht wenig Menschen besuchen können?
Nicht viel los?
Und tatsächlich macht es auch auf dem breiten Radweg, der zur Brücke hinüber zum Mont-Saint-Michel führt, den Eindruck, dass heute nicht so viel los ist. Alles sehr entspannt.
Aber mit jedem Meter, den wir dem Wahrzeichen der Bucht näher kommen, wird es voller. Auf dem Platz vor dem Eingang hinauf zum Klosterberg ist dann schon ordentlich was los. Mehrere Schulklassen und Klassenfahrten haben sich hier versammelt und es herrscht das übliche aufgeregte Geschnatter der Kinder und Jugendlichen.
Wir holen die Hunde aus den Hängern und gehen erst mal unterhalb der Mauern entlang, damit sie sich erleichtern können. Hier verteilen sich die Leute sehr schnell und wir finden einen Platz unterhalb eines Rundturms, an dem wir eine kleine Snackpause machen und uns das Treiben im Watt anschauen. Mehrere Schülergruppen werden hier durchgeführt und haben offensichtlich Spaß daran, wie man an dem Gekreische erkennen kann, wenn es ins kalte Wasser geht.
Eignetlich wäre unser Platz am Rundturm wunderbar. Wenn da nicht Scherzbolde, achtlose Touristen oder schlicht Arschlöcher über uns wären. Annette bekommt plötzlich einen Schwall Wasser ab. Kann Zufall oder Absicht gewesen sein. Aber als Toffi ein Feuerzeug auf den Rücken bekommt, hört für uns der Spaß auf und wir brechen unsere Zelte ab.
Es werden immer mehr
Wir wollen zumindest einen Versuch machen, den Klosterberg zu erklimmen. Also betreten wir die Felsenfestung, um zu erkunden, ob wir uns das zumuten wollen. Nicht wegen der Anstrengung, sondern wegen der befürchteten Menschenmassen.
Ich glaube, wir sind vielleicht hundert Meter weit gelaufen, als wir beschließen, dass das nichts für uns und auch die Hunde ist. Restaurant reiht sich an Touri-Shop an Snackbar. Und in den engen Gassen merkt man schnell, dass es doch mehr als nur ein paar Touristen sind, die sich die berühmte Felseninsel anschauen wollen. Wir sind beeindruckt: Wie muss das hier im Sommer erst aussehen, wenn sich locker ein Vielfaches an Menschen hier durchschiebt? Ein Alptraum.
Trotzdem schön
Das Verrückte ist ja, dass auch wir nur ein Teil dieser Masse sind. Und warum kommen die alle? Weil es eben wirklich beeindruckend und schön ist.
Wir flüchten auf den Wehrgang entlang der Mauern, um etwas Abstand von den Hauptströmen zu bekommen. Es gibt jede Menge Fotomotive zu entdecken. Hier eine Möwe, da eine schillernde Schieferverkleidung und über allem der allgegenwärtige Turm der Abtei.
Die Felseninsel wird zum Opfer ihrer eigenen Schönheit. Wobei man der Gemeinde hier wirklich ein Lob zollen muss. Die Infrastruktur für diese Menschenmassen ist wirklich beeindruckend. Ich habe den Eindruck, dass man es kaum besser organisieren kann, hier 2–3 Millionen(!) Menschen pro Jahr durchzuschleusen.
Am Kanal nach Pontorson
Wir sind trotzdem froh, als wir die Brücke mit ihren Hunderten Fußgängern hinter uns lassen und zum Kanal einbiegen, der uns bis nach Pontorson begleitet.
Hier ist es sofort spürbar ruhiger, und nach wenigen hundert Metern begegnet uns nur noch gelegentlich jemand. Erholsam!
Pontorson ist ein verschlafenes Nest, das sich anscheinend noch halb im Winterschlaf befindet. Zumindest finden wir kein Café, was uns zum Verweilen anlacht. Da holen wir uns lieber wieder leckere Schweinereien aus der Boulangerie und setzen uns auf das sonnige Bänkchen vor der Kirche.
Méandres reloaded
Die Rückfahrt zum La Bidonnière über die Nebenstraßen ist dann ein reines Vergnügen. Die Natur ist sowas von bereit für den Frühling und überall zeigt sich schon zartes Grün. Lediglich der kalte Wind zeigt uns, dass der Winter noch einen hoffnungslosen Kampf gegen die Sonne führt.
Während Annette in der Küche ein leckeres Gratin zum Abendessen vorbereitet, steige ich abends noch mal aufs Rad und fahre hinüber zu den Méandres.
Heute ist überraschenderweise nach Sonnenuntergang niemand mehr vor Ort. Mir ist es recht, dass ich noch mal Bilder machen kann. Leider heute aber mit deutlich weniger Wasser in den Méandres. Dafür wird dann die verrückte Struktur dieser ungewöhnlichen Wellen umso deutlicher.
Könnte man die Zeit um einen Tag zurück drehen, würde ich euch den Tipp geben, erst am sehr späten Nachmittag auf den Klosterberg zu steigen. Wir waren vor 2 Jahren (Mitte April) fast alleine oben und konnten in aller Ruhe herum spazieren und Fotos machen. Die Shops waren natürlich geschlossen, was uns aber herzlich egal war. Erst bei Sonnenuntergang haben wir die Insel verlassen.
Liebe Grüße
Claudia