Heute heißt es für Micha früh aufstehen für den Sonnenaufgang. Wobei: Im Februar liegt diese Zeit ja immer noch sehr zivil und ich bekomme eine ordentliche Portion Schlaf. Das warme Bett zu verlassen ist trotzdem hart.
Aber ab dann wird es nur noch schön.
Ich gehe vom Stellplatz hinunter in den Ort, der immer noch im Tiefschlaf zu liegen scheint. Es ist eisig kalt und das Kopfsteinpflaster rutschig. An der Promenade sind die Vögel die einzigen, die sich schon bewegen wollen.
Wohlweislich habe ich mir Gummistiefel angezogen, damit ich in den Schlick an der Somme hinuntersteigen kann. Die Stimmung mit den Booten am Ufer und auf dem Wasser hat etwas magisches.
Aber auch der Hafen, der in leichtem Morgennebel liegt, hat eine ganz zauberhafte Stimmung. Ich komme mir vor wie einer der Maler, die hier früher ihre stimmungsvollen Bilder gemalt haben. Was ein Licht!
Entschleunigung
Durchgefroren geht es auf dem Rückweg zum Bäcker. Baguette, Croissant und Pain au chocolat kann ich auch blind kaufen – mit 100 % beschlagener Brille auch notwendig!
Unser großes Motto für dieses Jahr ist Entschleunigung. „Moment mal!“, sagt da der geneigte langjährige Leser, „Die sind doch schon immer langsam unterwegs.“ Stimmt. Aber bisher haben wir es noch nicht so gut geschafft, an einem schönen Ort auch gerne mal einen Tag länger zu bleiben und nicht direkt zum nächsten sicherlich auch wunderschönen Fleckchen zu düsen. Wir möchten lieber weniger entdecken, das dann dafür aber gerne gründlicher.
Oberstadt
Wir genießen daher gerne den Luxus des Strom-und-Wasser-Platzes noch einen weiteren Tag und schlendern in den Ort hinunter. Denn es gibt noch eine mittelalterliche Oberstadt zu entdecken, die wir gestern im Dunklen gar nicht mehr geschafft haben.
Erstaunlich, wie schnell man hier deutlich oberhalb des Meeresspiegels ist und auf die Promenade und die Somme-Bucht hinunterschauen kann.
In der Elise Saint-Martin leuchten die Fenster lebendig im Sonnenlicht – ein gutes Kontrastprogramm zum kühlen Interieur und der vielleicht hässlichsten Madonna der Welt. Auf der Habenseite kann man dann noch ein Teilstück vom berühmten Teppich von Bayeux bewundern, der unter der Orgelempore reproduziert wurde.
Savoir-vivre
Für uns wird es Zeit, endlich mal französisch essen zu gehen. Wie wir feststellen müssen, ist das heute, an einem Mittwochmittag im Februar, gar nicht mal so leicht. Denn alle Restaurants, an denen wir vorbeikommen, sind gut gefüllt oder haben schon ein „Complet“-Schild an der Tür hängen.
In der Creperie „Sel et Sucre“ werden wir aber fündig. Klein und hutzelig, wie wir es lieben! Und Crêpes gehen ja ohnehin immer. Spannend wird es für uns aber vor allem, wie es mit den Hunden klappt. Während Elli ein Restaurantbesuch nur ein müdes Gähnen wert ist, könnte es mit Toffi eine Herausforderung sein. Aber siehe da: Auch hier zahlt sich das Training der vergangenen Monate aus und sie bleibt vorbildlich an ihrem Platz unter dem Tisch. Hurra!
Daher können wir entspannt unsere Galettes (das sind die herzhaften Buchweizen-Crêpes) genießen und werden auch noch für die braven Hunde gelobt. So lobe ich mir das!
Schlendern ist Luxus
Wir genießen es ausgesprochen, durch die Straßen zu schlendern. Wie Ulla Meinecke schon wusste: „Schlendern ist Luxus.“ Denn was kann es Schöneres geben, als ohne Verpflichtungen einfach nur den Moment zu genießen und bewusst wahrzunehmen?
Annette macht das besonders ausgiebig, indem sie immer wieder an einer Häuserfront stehenbleibt und entzückt ein Foto schießt, um diese tollen Farben beizeiten als Skizze oder Aquarell zu Papier zu bringen.
Boulangerie, die zweite
Auf dem Rückweg philosophieren wir vor der Auslage meiner morgendlichen Boulangerie, welche Leckerei es auf den Teller fürs spätere Kaffeetrinken schaffen darf. Schwierig, wenn man die komplette Auslage kaufen möchte!
Die Törtchen, die wir nachmittags verspeisen, hat Annette dann aber sowas von vorzüglich ausgesucht. Megalecker! Und so mächtig, dass wir aufs Abendessen komplett verzichten können.
Ansonsten ist dies ein Nachmittag ohne Höhepunkte. Einfach nur dasein und genießen, wie schön es schon im Februar in Nordfrankreich sein kann. Ein bisschen Hundetraining, ein wenig Planung für die kommenden Tage in der Normandie und etwas Arbeiten für Annette, die ganz souverän ein Video-Coaching durchführt. Mobiles Arbeiten rockt!
Wunderschöne Bilder wieder einmal. Gute Reise.
Waltraud
Wunderschön, Michael! Ich wünsche Euch ein eine fantastische Reise 😀
Traumhafte Bilder, vor allem die vom Sonnenaufgang!! Kaum zu glauben, dass du kein professioneller Fotograf bist… Viele Grüße, Steffi und Anni
P.S.: Training heute in der anderen Gruppe lief richtig gut 😊
Danke für die Blumen, Steffi!
Wir genießen es total, dass es mit den Hunden hier so gut klappt – freut mich, dass es mit Anni jetzt auch immer besser läuft.
Liebe Grüße
Micha
Hallo, Ihr Zwei,
irgendwie habe ich das Gefühl, dass ihr uns immer ein paar Wochen vorauseilt – letztes Jahr Schottland und nun die Bretagne! Auch wir wollen im April die Bretagne erobern, sofern denn unser Wohnmobil bis dahin fertig repariert ist …😭! Eure Bilder vom Ufer der Somme sind toll – da weiß man doch, wofür man so früh aufgestanden ist!
Liebe Grüße, Corinna & Wolfram von “Wehr-Reinhold.de”
Wir drücken euch die Daumen, dass das mit der Reparatur klappt. Und wenn ihr dann in die Bretagne fahrt, ist das auch wirklich eine Belohnung für die lange Zeit ohne Womo. Ich freue mich schon auf euren Bericht!
Wir müssen uns sicher schwer zurückhalten, wenn wir am Mont Saint Michel sind, denn ab dort wollen wir umkehren und wieder in östliche Richtung fahren. Fühlt sich irgendwie falsch an, wenn man schon so nah an der Bretagne angekommen ist. Aber die Normandie kann uns auch jetzt im Februar schon begeistern, insofern: Alles gut.
Liebe Grüße
Micha