Am Campingplatz herrscht Aufbruchstimmung. Ob es der angekündigte Wetterwechsel ist, der alle verscheucht? Wir bleiben standhaft und behalten unsere Planung bei, heute die Gegend ein wenig intensiver zu erwandern.
Um eines kommt man hier allerdings nicht herum: Es geht bergauf. Steil.
Simmenfall reloaded
Wir haben die Qual der Wahl. Nessli, Leiterli und Türli heißen hier die Ziele oben am Berg. Alleine für diese Namen muss man die Schweiz lieben!
Wir planen die Wanderung so, dass wir mehrere Alternativen haben. Denn so wirklich 100 % fit für eine Bergwanderung fühlen wir uns noch nicht. Größere Wanderungen haben wir schon länger nicht unternommen. Lieber mal langsam anfangen.
Da die Route entlang der Simmenfälle uns gestern so gut gefallen hat, gehen wir diese auf dem ersten Stück einfach noch einmal. Auch heute ist der tosende Fluss neben uns beeindruckend.
Einrad, Zweirad, Vierrad
Von der Barbarabrücke aus führt uns der Weg immer steil nach oben. Das Verrückte ist, dass es offenkundig eine regelmäßig befahrene Strecke ist. Immer wieder kann es mal vorkommen, dass einem ein Allrad-Pkw entgegenkommt. Die Almen hier können also auch mit dem Auto erreicht werden.
Noch skurriler ist da der Kollege, der die Strecke mit seinem Einrad befährt. Respekt! Da wirken die Radfahrer nun wirklich nicht besonders spektakulär. Mit dem E-Bike lässt es sich hier sicherlich gut hochfahren. Aber ob die Bremsen die Abfahrt überleben? Bei dem Gefälle haben sie ordentlich zu tun.
Wir können noch mehr
An der Wegkreuzung Stalde müssen wir uns entscheiden. Entspannt hinüber zur Simmequelle, den Siebenbrunnen? Oder noch mal 250 Höhenmeter hinauf zur Nessli Beizli?
Und obwohl der Weg bis hierhin anstrengend war, gibt es keine lange Diskussion. Wir fühlen uns fit für das Ausflugsziel, das in nur 45 Minuten erreicht werden kann.
Also geht es weiter hinauf.
Stetig, Schritt für Schritt, kommen wir unserem Ziel näher. Aber was sind das für langsame und beschwerliche Schritte! Das Gute an der Sache ist die grandiose Aussicht, die wir zu jeder Zeit genießen können. In Summe ist der vergossene Schweiß dann schnell vergessen, aber die Erinnerungen an die schönen Aussichten bleiben. Passt so.
Köstliche Belohnung
In der Nessli Beizli werden wir dann freundlich begrüßt und können uns sogar einen Platz mit Panoramaaussicht sichern. Denn voll ist es hier um 14 Uhr bei sich eintrübendem Wetter schon nicht mehr. Offenkundig waren andere Wanderer heute schlauer als wir und sind frühzeitiger aufgebrochen, sodass sie mehr vom Sonnenschein hatten als wir.
Uns ist das allerdings herzlich egal, als wir unseren Suure Most und eine herrlich üppig belegte Aufschnittplatte serviert bekommen. So erfrischend und so lecker!
Die Beizli scheint ein richtiger Wohlfühlort zu sein. Das Betreiberehepaar sorgt sofort dafür, dass man sich willkommen fühlt und alles genau richtig gemütlich ist.
Kluge Planänderung
Als wir fragen, wie der Weg im weiteren Verlauf und insbesondere der Abstieg ins Tal sei, wurden wir vorgewarnt. Der Abstieg sei schon wirklich sehr steil. Die bessere Variante wäre wohl die Gondelbahn. Zur Mittelstation sei es nur rund eine Stunde.
Finden wir einleuchtend. Vor allem, als wir wenig später einen nur vergleichsweise geringen Höhenunterschied bergab gehen. Bei der Vorstellung, das bis zum Tal durchzuziehen, kommt der Muskelkater von ganz allein.
So haben wir eine entspannte Strecke zur Mittelstation auf dem Loueneweg vor uns, der weitestgehend auf einer Höhe verläuft. Lediglich einige Passagen, wo vor Steinschlag gewarnt wird und es offenbar schon Erdrutsche gegeben hat, sorgen für ein wenig Puls.
Spaß an der Gondel
An der Mittelstation frage ich den Mann, der dort an der Technik sitzt, ob ich Tickets für die Gondelfahrt bei ihm erhalten kann.
Nein, die gebe es nur an der Talstation. Als Antwort auf meinen Blick, der eine Mischung aus Verwirrung und Panik gewesen sein muss, antwortet er schnell „Sie können schon mitfahren. Bezahlen müssen Sie dann nach dem Aussteigen.“ Puh!
Wir gehen also zur gegenüberliegenden Seite, um in die Gondel einzusteigen. Da Toffi noch nie Gondel gefahren ist, könnte das tricky werden, wenn sie Panik bekommt. Annette mahnt mich, dass wir in die schon eingefahrene Gondel auf gar keinen Fall einsteigen könnten. Schließlich würde das alles wahnsinnig schnell gehen und wir wollten doch kein Risiko eingehen, dass sich die Tür schon schließt, während wir noch nicht vollständig eingestiegen sind, oder? ODER?
Also schauen wir der Gondel zu, wie sie im Zeitlupentempo an uns vorüber zieht. Ich bin in diesen ungefähr 30 Sekunden mehr als nur einmal versucht, einfach trotzdem einzusteigen. Aber wenn die beste Ehefrau von allen dann einen Herzkasper bekommt, wäre es das nun auch nicht nett. Also wird gewartet.
Und gewartet. Denn die nächste Gondel ist tatsächlich mal besetzt. Elli würde natürlich gerne einsteigen und versteht nicht, warum wir uns nicht zu den netten Leuten in die Gondel quetschen. Während sie an uns vorüberziehen (Zeitlupe!) hätte man ihnen auch unsere Lebensgeschichte erzählen können.
Die nächste Gondel soll es also sein. Leer ist sie schon mal. Zielstrebig gehen wir dorthin und ich erinnere mich an die Lektion aus der Hundeschule zum Thema Fahrstuhl fahren: Es wird nicht diskutiert, der Hund muss mit. Das ist auch gut so, denn Toffi findet unsere Idee nur mittelmäßig attraktiv. Energisch sorge ich dafür, dass sie mit uns in die Gondel steigt. Erstaunlich schnell fügt sie sich in das unabwendbare Schicksal und guckt sich an, wie die Gondel (Zeitlupe!) über die Plattform schleicht. Aber auch der Ruck bei der plötzlichen und steilen Abfahrt bringt sie nicht mehr wirklich aus der Fassung. Braver Hund!
Der Alp-Ahorni-Kühlschrank
Unten im Tal haben wir die Wahl: Kostenlos per Bus zurück zur Hasenweide oder noch die 2,5 Kilometer entlang der Simme laufen.
Wir entscheiden uns für den Weg am Fluss. Es tut einfach zu gut, an der frischen Schweizer Luft unterwegs zu sein.
Am Wegesrand entdecken wir einen Kühlschrank, gefüllt mit Alpkäse vom Ahorni. Da wir mit so etwas eigentlich immer gute Erfahrungen gemacht haben, wandert noch ein mittelalter Käse und ein Mutschli in unseren Rucksack. Gut, dass es nicht mehr so heiß wie noch vor ein paar Tagen ist. Da wäre der Käse auf dem Heimweg bestimmt geschmolzen!
Alles richtig gemacht
Als wir am Alpa ankommen sind wir dann doch ganz schön fertig. Aber auf eine gute Weise. Und mit einem Eis und hochgelegten Beinen fühlt es sich gar nicht mal so schlecht an.
Platt ist wirklich die gesamte MoMo-Besatzung am Ende des Tages. Auch die Hunde freuen sich, dass heute gar nicht mehr so viel passiert. Außer, dass der lange angekündigte Regen am späten Abend dann doch noch einsetzt.
Moin,
ich lese ja nun schon seit ein paar Jahren fast regelmäßig mit. Tolle Berichte und wahnsinnige Fotos. Weiter so.
An Mutschli habe auch ich gute Erinnerung….. Annette weiss Bescheid 😉
😂Gut, dass du auch schöne Erinnerungen an unsere gemeinsame Schweizreise hast😉 Wer hätte damals gedacht, dass du auch eine Weltenbummlerin wirst
🚐💨