Wir verzetteln uns morgens etwas. Oder ist es der Abschiedsschmerz, da wir heute den hohen Norden wieder verlassen werden? Denn eigentlich wollen wir hier noch lange nicht weg. Gleichzeitig gibt es aber die gebuchte Fähre, die uns am Montag wieder auf den Kontinent bringen soll.
Auf jeden Fall ist es schon Mittag, als wir endlich aufbrechen. Unser Weg führt uns noch einmal ins Craft Village, weil ich mir noch ein paar Kunstpostkarten als Souvenir kaufen möchte.
Und weil unser Abschiedsspaziergang an der Sango Bay einem Regenschauer zum Opfer gefallen ist, holen wir den dann am Strand von Balnakeil nach. Aber auch dort kommt bald eine schwarze Wand auf uns zu, sodass wir schnell den Rückweg ins warme MoMo antreten.
Ist. Das. Geil!
Wir fahren nicht, wie die meisten anderen Schottland-Touristen, an der Nordküste die NC500 entlang. Diesen Abschnitt heben wir uns für das nächste Mal auf, um ihn dann in Ruhe zu erkunden. Denn, dass es ein nächstes Mal geben wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Stattdessen fahren wir die A838, auf der wir auch hierhin gekommen sind, zurück in den Süden. Eine weise Entscheidung, denn bei dem etwas anderen Wetter und der anderen Fahrtrichtung sieht alles schon wieder anders aus. Es ist vielleicht noch schöner. Der langgestreckte Kyle of Durness mit seinen Sandbänken ist atemberaubend. Dazu dann die großen Berge links und rechts, die in Sonne und Regen getränkt werden. Es ist der helle Wahnsinn. Ich jauchze in einer Tour, weil das alles so schön ist. Die Bilder, die wir nachher sichten, sind nur ein müder Abklatsch dessen, was wir gesehen haben. Es lässt sich nur erfahren, nicht wirklich fotografieren.
Loch Stack
Ab Laxford Bridge befahren wir Neuland. Über den Loch Stack und Loch Shin wollen wir in Richtung Inverness weiterfahren. Insbesondere das erste Teilstück ist so wunderbar, dass wir uns an Glen Coe erinnert fühlen. Nur ohne die Touristenmassen. Denn wir sind auch auf dieser Hauptverbindungsstraße recht alleine unterwegs.
Entlang des langgestreckten Loch Shin beruhigt sich die Landschaft etwas, ohne jedoch unspannend zu werden. Aber wir merken, dass wir die rauen Highlands etwas hinter uns lassen.
In Alness bringen wir das Kunststück fertig, an ein und derselben Tankstelle zum dritten Mal Gas zu tanken. Es ist zwar noch nicht dringend, aber sicher ist sicher. Denn für die kommenden Nächte ist der erste Nachtfrost angekündigt.
Rothiemurchus
Auf der A9 kommen wir dann in fast schon rasantem Tempo weiter südlich. Das ist auch nötig, denn für uns steht noch ein letztes Highlight auf dem Schottland-Wunschzettel für dieses Jahr. Wir waren nämlich noch nie im Cairngorms Nationalpark. Wer „The Crown“ gesehen hat, weiß Bescheid: Das ist die Region, in der sich auch Balmoral Castle, der schottische Sommersitz der Royal Family befindet.
Für uns ist aber vorher schon Schluss. Annette hatte von dem englischen Pärchen, das wir in Durness getroffen haben, den Tipp für den Loch an Eilein (ausgesprochen übrigens Loch nyellin) im Wald von Rothiemurchus bekommen. Schöner See, schöne Wanderung, Übernachtungsmöglichkeit auf dem Besucherparkplatz.
Weil man guten Tipps immer folgen sollte, fahren wir kurz hinter Aviemore von der A9 ab und sind wieder mal überrascht, wie schnell die Straßen hier dann eng und hutzelig werden. Und das ist jetzt nicht als Kritik gemeint, sondern als Liebeserklärung!
Unglaublich schön
Am Parkplatz gibt es sogar ein Häuschen, bei dem die Parkgebühr kassiert wird. Die freundliche ältere Dame weist uns darauf hin, dass wir im Prinzip überall stehen dürfen, aber besser geeignet wären sicherlich die hinteren Parkplätze. Aber bitte nicht zu dicht parken. Und wenn uns jemand zu laut sei, sollten wir doch bitte einfach umparken.
Nun, gut, dass sie uns gewarnt hat. Denn neben uns stehen Null weitere Womos an diesem Platz, was vielleicht dann auch der sportlichen Parkgebühr von 15 Pfund für einen Platz ohne alles geschuldet ist.
Da es schon spät ist, machen wir uns schnell auf den 5 Kilometer langen Rundweg um den Loch. Und ihr ahnt es schon: Es ist ein Volltreffer.
Die sich ständig ändernden Lichtstimmungen illuminieren See und Castle und Wald aufs Beste. Wir stöhnen permanent vor lauter Glück, wenn sich mal wieder ein neues Fotomotiv offenbart.
Der Kiefern- und Birkenwald erinnert uns auch mit seinem Duft sehr an Schweden. Sogar Blaubeeren gibt es noch. Aber wenn wir ehrlich sind: Es ist kein Vergleich. Allenfalls der beeindruckende Urwald von Norra Kvill könnte da mithalten. Der durchschnittliche schwedische Wald aber ist dagegen einfach langweilig.
Wir genießen jeden Schritt auf dieser entspannten Runde um den See. Nur schade, dass die Dämmerung dann so schnell einsetzt, dass wir nicht mehr so lange etwas von dem Ausblick haben, wie wir es gerne hätten.
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