Notgedrungen müssen wir den Blog auf einmal anders führen. Denn es kommen zwei Sachen zusammen, die es unmöglich machen, tagesaktuell zu berichten.
Zum einen ist es ganz schnöde das Mobilfunknetz, das in Nordschottland genauso schlecht ist wie sein Ruf. Wenig bis gar kein Netz findet man häufiger vor als man denken sollte. Selbst Brandenburg ist da schon eher auf dem Datenhighway unterwegs.
Zum anderen erleben wir aber schlicht und einfach zu viel. Denn bei dem Traumwetter, was wir hier erleben dürfen, sind wir so viel wie möglich draußen, um es zu genießen. Die Fotos stapeln sich schon auf der Festplatte und ich komme mit dem Sichten und Bearbeiten schlicht nicht hinterher, weil immer schon wieder was anderes Tolles vor der Kamera auftaucht. Und weil so viel geschieht, bleibt kaum noch Zeit zum bloggen.
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Wir fassen unseren 4-Tage-Aufenthalt in Clachtoll jetzt in einem XXXL-Blogeintrag zusammen. Schnallt euch an, es wird großartig!
Wanderung zum Nachbarstrand
Der Campingplatz tut wirklich alles, damit sich die Gäste wohlfühlen können. Neben Leckerchen für die Hunde gibt es auch laminierte Wanderkarten für die Gäste, damit diese sich nicht verlaufen. Die Runde in nördlicher Richtung hätte man aber wahrscheinlich auch ohne Hilfe absolvieren können.
Aber man bekommt ein paar Hinweise, die sich lohnen. Das pittoreske Haus mit dem verrosteten Dach ist die Salmon Bothy, mit ein paar vor sich hin zerfallenden Exponaten zum Leben der Fischer in der alten Zeit. Und mit schottischen Humor…
Der Weg entlang der Küste ist herrlich, mit weiten Ausblicken aufs Meer und in die Umgebung. Besonders die gezackten Klippen, die hier linienförmig angeordnet sind, begeistern uns. Wie spektakulär das aussieht, wird mir abends beim Drohnenflug noch mal bewusst.
Wir besichtigen den Broch, ein kreisförmiges Rundhaus, das wohl in viel früheren Zeiten ein mehrstöckiges Gebäude gewesen sein muss. Man kann es noch ahnen. Auf jeden Fall ein Gebäude mit Aussicht. Denn der Strand, der sich vor uns eröffnet, ist vielleicht fast noch schöner als der in Clachtoll.
Kenny from Scotland
Das einzig Dumme an unserer Planung ist, dass wir den Campingplatz nur für zwei Tage gebucht haben, es aber noch bis Sonntag so traumhaftes Wetter geben soll. Wir möchten noch gar nicht weg.
Es gäbe die Möglichkeit, auf einen Platz ohne „full hookup“ mit Strom und Wasser zu wechseln. Wäre uns vollkommen recht. Oder aber nach nebenan. Denn am südlichen Strandende gibt es einen Stellplatz ohne alles, dafür aber mit Aussicht und Strandnähe. Ich frage nach, ob wir am nächsten Tag kommen könnten. „Sure, no problem“, antwortet mir der Mann im orangefarbenen Overall, der mit seinem weißen Ford Transit in der Einfahrt steht. „Whats your name?“ – „Michael from Germany“ – „I’m Kenny from Scotland“. Wäre das also auch geklärt.
Sunset Time
Wir erleben unseren zweiten Sonnenuntergang hier in Clachtoll. Wieder bei strahlend blauem Himmel. Und was uns an dramatischen Wolken fehlt, macht die Natur mit Farbenpracht und schierer Grandiosität der Landschaft wett. Wir planen, künftig alle Reisen nur noch nach Schottland zu machen. Wo ist es wirklich schöner als hier?
Stellplatzwechsel
Wir wechseln also am kommenden Tag den Platz. Ich glaube, so eine kurze Anfahrt zum nächsten Stellplatz hatten wir noch nie!
Das Stellplatzgelände besteht aus einem unbewohnten Haus, ein paar Plätzen in der ersten Reihe direkt am Strand (leider alle schon belegt) und einer Wiese, auf der sich im Laufe des Tages ein Fahrzeug nach dem anderen anarchisch aber trotzdem rücksichtsvoll platziert. Der kurioseste Gast ist eine Frau, die mit ihrem knallblauen E-Auto gekommen ist und nach Sonnenuntergang auf dem Fahrersitz Platz nimmt und Opernarien hört.
Was wir vorher nicht geprüft haben: die Internetverbindung. Da wir am Campingplatz ein gutes Mobilfunksignal hatten, sollte das 300 Meter weiter doch nicht so viel anders sein. Falsch gedacht. Wir sind hier, trotz Router und Antenne auf dem Dach, komplett offline. Auch mal eine Erfahrung.
Paddeln mit Überraschungen
Für uns steht bei diesem Kaiserwetter ein Paddelausflug an. Das Meer ist mehr als friedlich und es sind schon mehrere SUPs unterwegs.
Vom Meer aus bieten sich dann noch mal ganz andere Ansichten. Die überraschendste bietet sich, als ich um den Split Rock herumfahre. Dass hier zwei Kletterer unterwegs sind, kann man sich ja noch vorstellen. Das aber die Dritte im Bunde ein kleines Mädchen ist, kommt beim Anblick der steilen Wand dann doch überraschend.
Sunset II
Den Nachmittag über passiert dann gar nicht mehr so viel. Strandspaziergang und in Büchern lesen, statt auf Handy oder Tablet zu schauen. Hat was sehr entschleunigendes, aber auch beunruhigendes, wenn man merkt, wie häufig man denkt „Das muss ich mal eben online checken…“.
Als Delikatesse wandern heute die Scallops aus dem Shop auf den Grill, die wir uns gestern gekauft haben. Die Dinger sind teuer, aber eben auch frisch und so aromatisch wie man sie bei uns einfach nicht bekommt.
Am Abend begebe ich mich wieder auf Fototour. Diesmal auf die Schafweide in Richtung Süden. Die Silhouetten der Berge im Hintergrund warten majestätisch darauf, dass ich das Stativ aufgebaut habe und es Klick macht. Es ist zum Verrücktwerden schön und friedlich hier.
Same same but new
Der Sonntag wird der letzte dieser sonnigen Tage werden, sagt der Wetterbericht. Wir wollen ihn noch einmal so richtig auskosten.
Auch heute steigen wir wieder ins Boot und paddeln hinaus. Der Wellengang ist immer noch niedrig, aber es schaukelt schon ein kleines bisschen mehr als gestern. Schon ein Vorzeichen auf die Wetteränderung?
Es ist wieder ein Genuss, sich leicht schaukelnd die Küste entlang zu bewegen und sich die Landschaft vom Wasser aus zu betrachten. Vor allem der Split Rock erweist sich erneut als äußerst fotogen.
Stoer Lighthouse
Am Nachmittag starten wir zu einer kleinen Radtour zum wenige Kilometer entfernten Leuchtturm von Stoer.
Bei dem Prachtwetter ist ein einziger Genuss, über die Single Track Roads zu fahren. Wir sind allerdings sehr dankbar für die elektrische Unterstützung. Mit den Hundehängern wäre das sonst eine brutale Plackerei geworden, denn es geht ständig ordentlich rauf und runter.
Am Stoer Lighthouse ist erstaunlich wenig Betrieb für einen Sonntag bei so feinem Wetter. Ein paar Touristen sind natürlich trotzdem da. Eine davon gibt mir den Tipp, dass sie unterhalb der Klippen Seehunde und auch Delfine gesehen hätten. Wie aufregend!
Am Ende des Tages werden wir aber nur zwei Seehunde gesehen haben. Die Delfine haben sich offenkundig verzogen.
Old Man of Stoer
Wir sind aber trotzdem begeistert von diesem Aussichtspunkt. In der Ferne sehen wir die Bergkette, die uns mittlerweile schon so vertraut ist. Wir beschließen einfach hier zu bleiben, die Aussicht zu genießen und auf Delfinglück zu hoffen. Annette holt Skizzenbuch und Farben raus und ich habe alle Zeit der Welt, zu fotografieren und die Drohne in die Luft zu schicken.
Dank der Drohne kommen wir auch ohne einstündige Wanderung in den Genuss, den Old Man of Stoer zu sehen. Dieser ist eine uralte Felsnadel, die seit tausenden von Jahren vor der Küste steht und einfach nicht umfallen will.
Mit Delfinen schwimmen
Die Rückfahrt im Abendlicht ist dann noch einmal feinstes Landschaftskino. Alles wirkt ruhig und friedlich. Gleichzeitig gewaltig und erhaben. So schön!
Annette hat sich noch in den Kopf gesetzt, noch einmal im Meer zu schwimmen, bevor ab morgen das Wetter umschlagen soll.
Sie springt mit den letzten Sonnenstrahlen ins Meer, schwimmt hinaus und lässt sich dann einfach auf ihrer Boje mit Blick aufs unendliche Meer im Sonnenuntergang treiben.
Ich stehe oberhalb auf einer Klippe, wo auch noch ein paar andere Leute die Abendstimmung genießen. Eine Frau mit Fernglas spricht mich an: „Did you see the dolphin?“ Offensichtlich meint sie nicht Annette, denn sie zeigt draußen aufs Meer. Und tatsächlich: eine schwarze Finne zeigt sich über dem Wasser – gar nicht so weit von der Stelle entfernt, wo Annette im Meer treibt. Als ich es ihr hinterher erzähle, weiß Annette gar nicht, ob sie wirklich so eine Delfinbegegnung genossen hätte oder sich vor Angst in die Hose gemacht hätte…
Es ist auf jeden Fall ein wunderbarer letzter Abend in Clachtoll.
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