Unsere Campingnachbarn am Ukiel-See hatten uns schon vorgewarnt. Am Wochenende wird es auf polnischen Campingplätzen gerne mal laut. Da wir nahezu allein am Ende des Platzes stehen, machen wir uns keine Sorgen. Aber als wir ins Bett gehen, hören wir vom anderen Ende des Platzes dicke Technobässe. Wir sind wenigstens so weit weg, dass wir sie weitestgehend ignorieren können. Aber als sie irgendwann um 4 Uhr morgens verstummen sind wir trotzdem froh. Erholsam war diese Nacht auf jeden Fall nicht.
Umweg durchs Hinterland
Auch das Wetter ist weiterhin nur mittelgut. Wir wollen ein wenig weiter nach Osten kommen und dann etwas wandern. So der Plan. Aber wie es bei uns so ist, kommt etwas dazwischen.
Denn Annette hat eine Kirchenruine ausgekundschaftet, die vielleicht spannend sein könnte. Die Strecke dorthin ist zumindest toll. Es geht durch eine hügelige Feld- und Waldlandschaft und kleine Dörfchen, die zwischen leicht marode und fein herausgeputzt schwanken.
Die Ruine entpuppt sich dann als Rohrkrepierer. Zumindest wenn man schottische Castles gewohnt ist. Das ist nicht kaputt genug, um als Lost Place durchzugehen und nicht schön genug, um optisch reizvoll zu sein.
Masurische Küche
Aber unser Umweg hat auch sein Gutes: Ich entdecke nämlich, dass auf dem weiteren Weg das masurische Gasthaus „Karczma u Mazura“ in Borki Wielkie liegt, was sich vielversprechend anhört. Auf der Speisekarte sind zumindest alle Klassiker der masurischen Küche zu finden, die wir vom letzten Urlaub dort in so guter Erinnerung haben: Piroggi, Klöße, Zander und Konsorten.
Wir werden freundlich begrüßt und erhalten sogar eine deutsche Speisekarte. Man ist hier auf deutsche Touristen eingestellt. Ein wenig befürchten wir, in eine Touristenfalle gegangen zu sein, sind dann aber höchst erfreut, dass das Essen wirklich lecker und Hausmannskost im besten Sinne ist. Empfehlung!
Das einzige, was ich nicht empfehlen kann, ist der als besonders angepriesene Masurische Kaffee, den ich experimentierfreudig nach dem Essen bestelle. Es ist eher eine Art Muckefuck mit Kaffeemehl(?) und zum Süßen wird Honig gereicht. Brrr! Die beste Ehefrau von allen erbarmt sich und tauscht ihren regulären Kaffee gegen diese Brühe. Sie schafft es erstaunlicherweise, das Getränk zu trinken, ohne Bröckchen in den Mund zu bekommen und befindet, dass es ein wenig wie Yogi-Tee schmecke.
Urige Ausstellung
Was das Restaurant auch besuchenswert macht, sind die auf dem Hof ausgestellten alten Gerätschaften, Kutschen und Figuren. Das ist wirklich herrlich skurril.
Geplatzte Wanderung
Unser nächster Stopp soll uns zu einer schönen Wanderung an den masurischen Seen bringen. Wir folgen brav dem Navi und wundern uns über die Straße, die alsbald immer abenteuerlicher wird. Erst vorbildlich, dann Baustelle, danach Seitenstraße, anschließend Schotter-Sandweg und schließlich eine waschechte Waschbrettpiste wie im tiefsten Afrika. Wir warten nur darauf, dass die Straße einfach endet.
Aber wir kommen wieder etwas weiter in die Zivilisation zurück. Dumm nur, dass es sich in der Zwischenzeit eingeregnet hat. Wir schauen uns an und schütteln mit dem Kopf: Eine 3-Stunden-Wanderung bei dem Wetter ist alles andere als verlockend. Wir blasen den Trip ab, obwohl wir uns so auf die Bewegung zu Fuß gefreut hatten.
Traumplatz
Aber wir finden mal wieder bestätigt, dass sich hieraus auch etwas Gutes ergeben kann. Denn über die üble Piste wollen wir nicht unbedingt noch einmal zurück nach Sorkwity fahren, wo wir eigentlich kampieren wollten. Noch dazu, wo uns der Ort nicht besonders begeistert hat.
Wir kundschaften einen Campingplatz am Biale-See aus, der sich als absoluter Volltreffer erweist. Zwar ist auch hier die Anfahrt hubbelig und schmal und wir möchten uns nicht ausmalen, was passiert, wenn uns ein Womo entgegen kommt.
Aber als wir dort ankommen, werden wir das erste Mal so begrüßt, wie ich es von den Polen kenne. Mit Handschlag, einem stillen, freundlichen Witz und tiefenentspannt begrüßt mich der Besitzer, fragt auf deutsch, ob ich polnisch spreche und weist uns ein: „Fahr einfach runter und such dir einen Platz aus. Ich komme dann später.“
Wir fahren den steilen Weg hinunter (und fragen uns, ob wir den wohl auch wieder hinauf kommen…) und finden einen leeren Platz vor, der genau unseren Geschmack trifft. Ähnlich wie am Ukiel-See, aber noch einen Tacken ruhiger und ländlicher. Wir suchen uns einen Platz am Wasser und können uns gut vorstellen, länger hierzubleiben.
Wir fühlen uns jetzt erst so richtig in Masuren angekommen.
0 Kommentare