Das Wetter und die Busladungen von anderen Wanderern laden uns nicht wirklich dazu ein, die Wanderung zu den Mare Waterfalls zu machen. Mit Toffi zu einem viel besuchten Wasserfall? Lieber nicht.
Wir haben aber wieder mal gleich mehrere alternative Asse im Ärmel.
Famoos
Das erste Ass ist die Brecklet-Wanderung bei Ballachulish. Der knapp einstündige Wanderspaziergang ist ein kleines Highlight unserer Reise. Oberhalb eines Wohngebiets betreten wir den Wald und sind von einem Moment zum anderen in einer komplett anderen Welt gelandet. Der dichte Pinienwald teilt sich hier mit dem Moos das Hausrecht. Alles, aber wirklich alles ist mit einer Schicht Moos bedeckt.
Wir sind ganz begeistert von diesem wundersamen Stückchen Wald, was sich da vor uns auftut. Der Weg wirkt teilweise fast schon wie ein gotische Kathedrale, in der alles nach oben zu streben scheint. Ganz großes Kino!
Und der Blick, den man am Ende auf den Loch Leven hat, ist auch nicht ganz schlecht.
Schlemmerzeit
Ballachulish, was wir von der letzten Reise nur als Supermarkt-Standort kennengelernt haben, hat aber noch einen absoluten Höhepunkt zu bieten: Das Laroch Restaurant finden wir nämlich nur per Zufall und sind am Ende stolz darauf, dass wir solche Trüffelschweine sind. Wir bekommen nämlich das vielleicht beste Essen unserer Reise serviert. Zumindest das am raffiniertesten Angerichtete. Man merkt sofort: Der Koch hier kann was.
Mein persönliches Highlight sind die Haggis-Bon Bons. Haggis in einem knusprigen Mantel mit Whiskysauce – zum Niederknien. Aber auch alles andere ist ein Augen- und Gaumenschmaus. Wie uns die nette Bedienung verrät, hat ihr Koch einen Michelinstern. Glaube ich sofort!
Und unsere kulinarischen Genüsse sollen noch weitergehen. In der Highland-Patisserie Stiff Peaks, quasi neben dem Restaurant, haben wir zu Beginn unserer Wanderung leckerste Tartelette Citron (oder Lemon Meringue, wie der Schotte sagt) gesehen, die sehr nach Frankreich aussahen. Da es aber noch 5 Stück im Angebot gab, sahen wir keine Eile geboten. Als wir nach unserem Festmahl im Laroch hier unser Kaffeetrink-Goodie abholen wollen, staunen wir nicht schlecht, als die komplette Vitrine um halb Drei komplett leergeräubert ist. Pro-Tipp: Früh da sein und schnell zuschlagen. Bei uns reicht es nur noch für eine (sehr leckere) Quiche fürs Abendessen.
Es ist wahrlich erstaunlich, wie gut wir hier in Schottland essen konnten. So viel Genuss hatten wir nicht erwartet!
Glen Coe
Wir hatten ernsthaft überlegt, nicht den kürzeren Weg durch das Glen Coe nach Süden zu nehmen, weil wir die Strecke in gar nicht mal so guter Erinnerung haben. Schlechte, enge Straße, viel Verkehr und Scheisswetter. Gut, dass wir uns trotzdem für den Weg durch das Tal entschieden haben!
Denn alle unsere Kritikpunkte finden wir heute gar nicht mal so schlimm. Mindestens die Hälfte der Strecke hat eine bessere Fahrbahn spendiert bekommen und auch der Verkehr stört uns diesmal nicht sonderlich. Vor allem aber ist das Wetter deutlich besser, sodass wir diesmal das grandiose Glen Coe deutlich mehr zu schätzen lernen.
Glen Etive
Mitten in der Einsamkeit des Tals gibt es dann einen Abzweig ins Glen Etive. Quasi ein Tal im Tal. Den meisten ist es zumindest optisch aus dem James Bond Skyfall bekannt.
Wir wagen den Abstecher auf die Single-Track-Road und sind begeistert. Zumindest so lange, bis die ersten Porschefahrer die Ausweichstellen für Fotogelegenheiten zuparken, damit sie sich auch mal wie James Bond fühlen können. In Wirklichkeit sorgen sie nur dafür, dass alle anderen sie hassen, weil es sofort zu Stau und haarsträubenden Ausweichmanövern kommt.
Da uns entgegenkommende Motorradfahrer netterweise warnen, dass die Straße kurz vor dem Loch Etive gesperrt sei, wenden wir rechtzeitig und fahren wieder zurück.
Denn wir haben noch ein Ziel vor Augen, das wir heute erreichen wollen. Am Loch Katrine in den Trossachs haben wir uns 2019 so wohl gefühlt, dass wir dort einfach hinmüssen.
Trossachs reloaded
Der Weg ist allerdings länger als erwartet. Wir erkennen zwar kurz vor Callander vieles wieder, aber ich bin dann doch baff, dass das Navi recht behält, als es für die letzten Meilen noch einmal eine Dreiviertelstunde einplant.
Es ist uns aber gar nicht so Unrecht, denn dieses Stück ist im herrlichen Abendlicht ein absoluter Augenschmaus. Aber halt auch ein sehr hubbeliger und kurviger.
Als wir aber am Loch Katrine ankommen, wissen wir sofort, dass wir wieder mal alles richtig gemacht haben. Das ist so schön hier! Und wir haben sogar doppelt Glück: Es gibt nämlich erst seit Anfang April neue Betreiber des Pier Café, nachdem die alten Betreiber vor 2 Jahren aufgehört haben. Und diese bieten jetzt bezahle Stellplätze direkt am Loch an. Für 25 £ mit Full-Hookup (aber ohne Entsorgung) oder für 10 £ ohne alles. Wir wählen den Sparpreis und bleiben dafür dann 2 Nächte. Denn der Ausblick ist auch dann einfach unschlagbar schön. Ein würdiger Abschluss für unsere Highlandzeit.
Paddeln
Es kommt sogar noch besser. Nach all dem durchwachsenen Wetter der vergangenen Wochen gibt es jetzt einen rundum schönen Tag. Was heißt: Sonne. Nahezu Windstille. Stühle raus. Wir kommen uns richtig verrückt vor, als wir das erste Mal auf dieser Reise unsere Faltstühle aus dem MoMo-Bauch hervorholen. Dieser Aspekt des Womo-Reisens ist uns auf der Britische-Inseln-Tour wirklich viel zu kurz gekommen. Woraus aber schon der Plan für unsere nächste große Reise im Spätsommer entsteht.
Nach dem schottischen Breakfast im Pier Café halten wir uns die Bäuche: so viel! Es ist keine Übertreibung, dass einen so ein Frühstück durch den ganzen Tag bringt.
Auf jeden Fall sind wir dann so gut gestärkt, dass wir direkt noch etwas Verrücktes machen können: Bei der sanften Brise lädt einen der Loch Katrine förmlich dazu ein, hinaus aufs Wasser zu gehen. Also bauen wir einen Scubi auf und können doch tatsächlich auf dieser Reise auch mal paddeln gehen. Was ein Genuss!
Ansonsten passiert gar nicht so herausragend viel. Wir genießen einfach mal die Sonne an einem unserer Lieblingsorte. Mehr brauchen wir gerade nicht.
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