Wir verlassen die Hebriden mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lachend, weil wir uns auf etwas besseres Wetter und mehr Frühlingsgrün in unserer letzten Woche auf dem Festland freuen. Weinend, weil wir die Farben der Hebriden mit dem Weiß der Sände, den Grünblautönen des Meeres und dem Grauschwarz der Berge jetzt schon wieder vermissen.
Überraschende Kreuzfahrt
Wir hatten unsere Überfahrt von South Uist unter anderem deswegen vorgezogen, weil äußerst stürmisches Wetter vorhergesagt ist und wir nicht Gefahr laufen wollten, dass die Fähre aufgrund des Wetters gecancelt wird. Und auch heute ist es reichlich stürmisch – für die Überfahrt befürchtet mein Magen das Schlimmste.
Es kommt dann ganz anders. Wir erleben eine ausgesprochen ruhige Überfahrt, die auf dem sehr stillen Observationdeck an der Front des Schiffes wie eine kleine Kreuzfahrt wirkt. Die Landschaft gleitet förmlich meditativ an uns vorbei. Ob es daran liegt, dass Westwind herrscht und wir vom Wind nach Skye geschoben werden? Die Küste können wir aufgrund der Wolken manchmal nur schemenhaft sehen. Wir sind aber begeistert von den Wasserfällen, die eigentlich ins Meer stürzen sollen, jedoch vom Sturm wie Rauch im Kamin nach oben weggeweht werden. Spektakulär!
Auch die Seevögel, die vor der Küste nach Fischen jagen, sind ein tolles Beobachtungsobjekt.
Durch Regen und Sturm zur Sonne
Skye begrüßt uns wie immer äußerst missmutig, wenngleich auch stimmungsvoll. Grau, verhangen, mystisch.
Genug Gelegenheit für uns, uns wieder an das erhöhte Verkehrsaufkommen zu gewöhnen. Denn so viele Autos auf den Straßen wie auf Skye haben wir jetzt wirklich lange nicht mehr gesehen.
Unser Ziel ist keine der großen Attraktionen, die wir entweder schon gesehen haben oder die bereits zu Tausenden wegfotografiert wurden. Unser Ziel ist der Loch Harport im Westen der Insel. Dort gibt es heute drei Dinge, die wir uns ansehen wollen.
Unser erstes Ziel ist ein Flop. Denn die Gallery von Cath Waters, mit den Bildern, die die oben beschriebenen Farben so perfekt einfangen, ist geschlossen, obwohl sie heute laut Google geöffnet sein sollte. Frust!
Den bekämpfen wir erst mal mit Scallops und Scampi in der Oyster Shed, die in der Tat eher eine Hütte als ein Haus ist. Und auch, wenn das Essen wahrlich nicht schlecht ist: Das haben wir auf unserer Reise schon leckerer gegessen und es fühlt sich ein bisschen nach Touri-Bude an. Ist aber mehr ein Gefühl, als dass wir das belegen könnten.
Und an der Talisker-Destillerie gönne ich mir dann noch ein Tasting-Pack und grinse über den Spruch des schottischen Guides, der zu einem Ami aus Florida beim augenblicklichen Sonnenschein sagt „You guys are used to this heat, right?“ Es sind 13 Grad…
Die Schraube
Als wir weiterfahren, höre ich ein merkwürdiges Geräusch. So als ob die Straße wellig sei. Sie ist aber hier wirklich vorbildlich. Als wir anhalten, sehe ich das Malheur: Wir haben eine fette Schraube samt Unterlegscheibe im linken vorderen Reifen. Aber immerhin noch keinen Druckverlust – die Reifendruckkontrolleuchte bleibt (noch) dunkel. Wahrscheinlich kommt die Schraube von der Baustelle an der Destillerie. Mist!
Annette recherchiert schnell, dass wir am ehesten in Portree, dem Hauptort der Insel eine Werkstatt finden. Ein Anruf dort bringt schon mal Erleichterung: „Yes, we can fix that.“
Im gemütlichen Tempo fahren wir die Strecke als Verkehrshindernis nach Portree, was für mich aber auch bedeutet, dass ich mal mehr von der Landschaft sehe…
Wir kommen kurz vor Geschäftsschluss an und können den Chef noch einen Blick auf die Schraube werfen lassen, die Gottseidank recht mittig im Reifen steckt: „That’s no problem.“
Wir verbringen die Nacht dann an einem kleinen Parkplatz neben der Hauptstraße am Recycling Center. Eine Empfehlung von Werkstattboss Steve. Da dort „nur“ „No overnight parking for caravans“ steht, gehen wir mal davon aus, dass das in unserer Situation schon okay ist.
Am nächsten Morgen stehen wir pünktlich auf der Matte und können schon eine Stunde später und nur 30 £ ärmer weiterfahren. Hurra!
Lochalsh Woodland Walk
Für uns geht es ab jetzt immer mehr in Richtung Heimat. Die Rückreise hat unwiderruflich begonnen. Aber wir möchten natürlich noch ein paar schöne Orte in die Route einbauen.
Einer davon ist eine spontane Entdeckung von Annette. Und manchmal sind das ja die besten. Der Lochalsh Woodland Walk ist ein kleiner Geheimtipp, an dem sicherlich 99,9% der Skye-Touristen vorbeifahren. An einem kleinen Wanderparkplatz nicht weit von der Hauptstraße steigt man aus und wundert sich, wie ruhig es hier ist. Den Verkehrslärm hört man kaum und nach ein paar Schritten befindet man sich in einem tollen Wäldchen, mit allem, was der Waldfreund begehrt. Und das alles mit Blick auf den Loch Alsh, über den der Wind fegt. Ein großartiges Kleinod!
Und manchmal ist es gut, dass einen die Wetter-App warnt. Erst auf die Warnung hin sehen wir die schwarze Wand, die da von Westen hereingezogen kommt. Dank Sturm mit beachtlicher Geschwindigkeit. Wir schaffen es dann praktisch auf die Minute, wieder ins trockene MoMo zu schlüpfen, bevor der Regen losplästert.
Lichtspiele
Unser weiterer Weg führt uns durch das grandiose Glen Shiel. Landschaftlich ist das alles hier Champions League, aber was es heute wirklich besonders macht, sind die Lichtspiele, die wir hier im Minutentakt erleben.
Sturm und Regen sorgen dafür, dass die Sonne mal an-, mal ausgeknipst ist. Dann wieder beleuchtet sie punktuell nur einen Ort, eine Fläche oder das gegenüberliegende Seeufer.
Auf die Spitze wird dies dann am Loch Leven getrieben. Das Licht der untergehenden Sonne ist hier so intensiv, dass die Landschaft förmlich glüht, während sie woanders nahezu dunkel scheint.
Lediglich die Stellplatzssuche wird zum Geduldsspiel. Es gibt hier am Nordufer einige Parkplätze, auf denen wir übernachten könnten. Aber der Wind fegt mal wieder heftig über den See und wir stellen uns das in Kombi mit dem Regen nicht wirklich lustig vor. Daher peilen wir den flammneuen Stellplatz in Kinlochleven an, der zwar schon fertig aussieht, aber leider immer noch nicht in Betrieb ist. Netterweise darf man aber gegenüber bei Ice Factor stehen. Wie wir am nächsten Tag erkunden, ist es eine Kletterhalle mit der Möglichkeit, an einer echten Eiswand zu klettern. Buchstäblich: Cool!
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