Wir verlassen das nördlichste Ende von Lewis in sonnigem Wetter, in der Annahme, dass wir das sonnige Wetter in den Süden mitnehmen können. Leider ein Irrtum, denn schon nach wenigen Kilometern wird klar: Wir fahren in die graue Suppe.
Aber immerhin sieht es so aus, als sei es an der Westküste etwas freundlicher. Wir fahren also tapfer weiter bis zum Bosta Beach auf der Insel Great Bernera. Schon unterwegs erinnert uns die Landschaft immer mehr an das karge Hochland Norwegens: Stein, ein bisschen Grün, Seen.
Bosta Beach
Auf Bernera wird aus der zweispurigen Straße wieder eine Single Track Road und entsprechend spannend ist es dann, wenn Gegenverkehr kommt. Aber da uns der Linienbus(!) auf einem kurzen zweispurigen Stück entgegenkommt, bleibt es sehr entspannt.
Lediglich der letzte Kilometer ist dann etwas enger und steiler, lässt sich aber mit dem MoMo problemlos bewältigen. Wir sind dann doch überrascht, wie voll der Parkplatz ist – wir können uns trotz des bescheidenen Wetters auf den letzten freien Platz stellen. Wie es hier im Sommer aussieht, möchte ich mir lieber nicht vorstellen.
Denn der Strand ist so, wie wir die Hebridenstrände lieben. Eine weiße Sandbucht vor türkis- und dunkelblauem Meer. Die Schafe haben sich hier eine wirklich schöne Ecke zum Grasen ausgesucht.
Da vom Wetterbericht keine Besserung für den Tag in Sicht ist, beschließen wir, dass wir ebenso gut hier bleiben können und hin und wieder an den Strand gehen können.
Iron Age House
Über Nacht ist ein kleines Wunder geschehen. Es ist aufgeklart und deutlich freundlicher, wenngleich auch nicht wärmer geworden.
Wir gehen erfreut zum Strand, dessen Wasser jetzt auch standesgemäß hebridisch grünblau-türkis schimmert. Das sieht doch gleich ganz anders aus.
Auch den Abstecher zum rekonstruierten Haus aus der Eisenzeit machen wir heute. Es gibt nämlich eine Führung. Und die 4 Pfund pro Nase sind gut angelegt, denn es ist schon erstaunlich, wie groß dieses Haus ist, das von außen so unscheinbar aussieht. Die Vorstellung, dass Menschen vor 1500 Jahren in dieser rauen Umgebung so gehaust haben, ist einfach beeindruckend. Vor allem, weil es im Haus trotz sparsamer elektrischer Beleuchtung nahezu stockdunkel ist. Wie mag das damals gewesen sein?
Callanish Stones
Am Vortag haben wir die Standing Stones von Callanish ausgelassen, weil wir lieber an einen Strand wollten. Aber sie gehören natürlich zum Pflichtprogramm, wenn man auf Lewis ist. Nach Stonehenge ist es das größte von Menschen errichtete Steinfeld. Besonders ist es in der Tat, weil man durch die kunstvolle Anordnung spürt, dass das hier etwas Außergewöhnliches ist.
Karibik mit Mützen
Wir fahren weiter nach Westen und kommen ins Schwärmen. Denn mittlerweile ist es richtig sonnig und freundlich geworden und wir finden an den Stränden von Cliff und Kneep wirklich Hebridenstrände deluxe vor. Genau deswegen haben wir uns vor drei Jahren in die Hebriden verliebt. Wenn das Wetter stimmt, ist es hier einfach unbeschreiblich schön.
Wir nutzen die Gelegenheit für einen langen Strandspaziergang in Kneep und reservieren sicherheitshalber schon mal einen Platz am Campingplatz für den nächsten Tag, da wir für abends schon Pläne haben.
Riesenstrand und Sternküche
Es geht für uns nämlich zum nächsten irren Strand nach Ardroil. Hier gibt es eine große Bucht, die bei Ebbe einem gigantischen Sandkasten gleicht, aber bei Flut nahezu völlig überflutet ist.
Nachdem wir uns bei einem Abendspaziergang davon überzeugt haben, wie groß der Strand ist, müssen wir zu unserem Termin im Uig Sands. Denn in dieses Restaurant kommt man nicht als Laufkundschaft, sondern nur mit Termin. Wir hatten das Glück, einen Platz in der 9-Uhr-Schicht zu bekommen. Denn hier ist alles ein wenig anders. Zum einen ist da die mit phänomenal noch untertrieben beschriebene Aussicht von den Fensterplätzen (wir haben einen!). Zum anderen ist da das simple Angebot: Man bekommt nämlich nur ein 3-Gänge-Menü für 55 €. Klingt teuer, ist es auch. Aber die Kombination aus Aussicht und Genuss und freundlichem Service bedeutet ein absolutes Highlight auf unserer Reise und ist daher preis-wert.
Es gibt reichlich Auswahl für die einzelnen Gänge und wir können uns kaum entscheiden, da sich alles absolut köstlich anhört. Ist es dann in der Realität auch. Annette vermutet wohl nicht zu Unrecht, dass es da bald einen Michelin-Stern für geben wird.
Das Beste für uns ist am Ende des Tages, dass wir mit dem MoMo einfach auf dem Parkplatz übernachten dürfen. Dumm nur, wenn die beiden einzig sturmgeschützten Plätze die Behindertenparkplätze neben dem Haus sind und schon von anderen Übernachtungs-Womos besetzt sind. Pro-Tipp für Nachahmer: Fragt rechtzeitig nach und parkt dort beizeiten, solange niemand anderes die Plätze benötigt.
Sturm und Regen
Die Nacht im Sturm ist nämlich alles andere als erholsam. Immer wieder rüttelt es uns ordentlich durch. Das morgendliche Umparken in windgeschütztere Position bringt uns außer einer grandiosen Aussicht wenig Erleichterung.
Wir machen noch eine halbwegs trockene Spazierrunde am Cliff Beach bevor wir am Campingplatz in Kneep einchecken.
Das Wetter ist das komplette Kontrastprogramm zum Vortag. Heftiger Wind und Regen peitschen gegen das MoMo und wir müssen es uns notgedrungen gemütlich machen. Auch mal schön. Vor allem, wenn man nachmittags in einer Regenpause noch Zeit für einen Strandspaziergang findet.
Anscheinend hat der Sturm auch bei der Fährgesellschaft zugeschlagen. Unser gebuchtes Schiff für die Rückfahrt ist wohl gegen die Kaimauer des Hafens gefahren und fällt für eine Woche komplett aus. Da auch das Fährschiff von Süd-Uist planmäßig eine Woche ausfällt, gibt es im Moment nur noch eine funktionierende Fährverbindung, um die äußeren Hebriden wieder zu verlassen. Wir sind gespannt, ob und wie wir umbuchen können!
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