Gestern haben wir das Paddeln ja wegen des auffrischenden Windes lieber mal verschoben. Zu hubbelig sah uns die Wasseroberfläche für uns ungeübte Anfänger aus. Heute Morgen ist es zwar kein spiegelglatter See, aber mit den kleinen Wellen werden wir wohl fertig.
Die Boote kriege ich heute in Rekordzeit aufgebaut. Es lohnt sich, eine Sache mehrmals zu wiederholen. Irgendwann kann man es dann auch fehlerfrei.
Herrlicher Ogge
Wir fahren hinaus auf den Ogge und finden es richtig klasse, dass man hier um kleine Inselchen herumkurven kann und dauernd etwas Neues zu sehen bekommt. Es ist ein ganz anders Gefühl als auf dem im Vergleich riesigen Byglandsfjord.
Das Fahren gegen den Wind macht nach einiger Zeit sogar ein bisschen Spaß. Die Kajaks tanzen auf den kleinen Wellen, gegen die wir anfahren und wir kommen uns wie mutige Entdecker vor.
Nach einer Dreiviertelstunde machen wir Pause auf einer kleinen Insel. Hier müssen wir uns richtiggehend eine Anlegestelle suchen, denn so ganz klar kann man nicht erkennen, wo man jetzt gut an Land kommt. Wir landen in einer grasigen Bucht, die Elli sehr erleichtert zum Anlass nimmt, sich mal die Beine zu vertreten. Man muss aber auch sagen, dass sie das Leben als Bordhund super meistert – wobei sie nicht wirklich begeistert von unserem neuen Hobby und vor allem ihrer Schwimmweste scheint.
Auf dem Rückweg umrunden wir noch zwei Inseln und gucken schon etwas neidisch auf die schicken Ferienhäuschen auf den Inseln. Vielleicht sollten wir doch mal einen Ferienhausurlaub in Verbindung mit dem Paddeln ausprobieren? Oder direkt eine Mehrtagestour mit Zelten? Das ist schon sehr super hier.
Noch ein Knuten
Da der Tag noch jung ist, brechen wir nach dem Kaffeetrinken auf und suchen nach weiteren so tollen Parkplätzen mit Anlegesteg in dieser Gegend. Das wäre doch was! Aber leider finden wir auf den kommenden Kilometern, die wir den Ogge entlangfahren, praktisch gar keine Möglichkeit zum Parken, geschweige denn zum Übernachten. Dafür gibt es an den möglichen Stellen einfach zu viele Häuser in der Nähe.
Aber auch so sind wir mehr als zufrieden. Denn das Wetter ist göttlich, die Landschaft sehr skandinavisch und die Straße spannend. Nur schnell ist man hier eher nicht unterwegs. Uns gefällt’s.
Annette hat fleißig recherchiert und wieder einen Tipp ausgegraben, der nicht in unseren Reiseführern steht, sich aber sehr vielversprechend anhört. Wir wollen nach der positiven Erfahrung mit dem Lindeknuten einen weiteren Knuten besteigen. Den Heimdalsknuten.
Das gibt’s doch gar nicht
Es gibt einen großen Parkplatz, auf dem wir die einzigen Besucher sind. Und da er schön an einem See gelegen ist, wissen wir auch schon, wo wir schlafen werden: Das ist super hier!
Der Weg hinauf auf den Knuten ist super ausgeschildert. Da kann man nichts falsch machen. Erst folgt man der Fahrstraße und gewinnt so schon einige Höhenmeter, bevor es in den Wald geht.
Hier sind es dann immer wieder fein gestrickte rote Wanderschals, mit denen die Bäume gewärmt werden. Sieht gut aus!
Was wir dann aber wirklich nicht haben kommen sehen, ist das Haus, dass hier über einem See thront. Wie zum Teufel haben die das denn an diese komplett unzugängliche Stelle bekommen? Da hat doch jetzt nicht wirklich ernsthaft jemand alle Baumaterialen auf diesem Stolperwaldpfad hier hochgetragen! Denn mit Fahrzeugen kann man dieses Haus definitiv nicht erreichen. Oder gibt es hier in Norwegen einen Hubschrauberdienst, der fertige kleine Norwegerhäuser dorthin fliegt, wo man sie haben will?
Rundumaussicht
Auf den letzten Metern vor der Knutenspitze bin ich mir fast sicher: Das wird nichts mit der Aussicht. Die Bäume scheinen zu hoch zu sein, als dass man von oben wirklich Weitsicht haben könnte.
Falsch gedacht.
Auf den letzten paar Metern geht es hinauf und plötzlich ist man auf einem Plateau, das man vorher nicht mal erahnen konnte. Sehr cool. Und der versprochene Rundumblick ist nicht nur touristisches Marketing, sondern wirklich wahr.
Eine Besonderheit, die ich so auf einem Aussichtspunkt noch nie gesehen habe, ist die Anzeigetafel, welcher Gipfel oder welcher Ort wo zu finden ist. Man dreht eine Art Peilstab und kann anhand der Beschriftung dann nicht nur sehen, wie der Punkt heißt, sondern auch wie weit er weg ist. Das will ich ab sofort auf allen Gipfeln haben – superpraktisch und macht Spaß!
Spaß macht es aber auch, einfach die Abendsonne auf dem Plateau zu genießen. Das ist richtig liebevoll eingerichtet, sogar mit einem wahrscheinlich ausrangierten Esstisch für die zwei Bänke. Und ich frage mich schon wieder: Wie kriegt man den Kram hier hoch?
Das einzige, was optisch nicht so ein Hingucker ist, ist der Mobilfunkmast. Aber wenn ich dafür die hervorragende Netzqualität in Norwegen kriege, ist das wohl ein annehmbares Opfer.
Noch mal zur Schule gehen
Für den Rückweg gibt es sogar einen Alternativweg, sodass wir nicht genau den gleichen Weg zurück gehen müssen. Er führt uns vorbei an ganz schön abgeholzten Wäldchen zu den hübschen Norwegerhäusern von Heimdal. Wenn man die sieht, wird das Bullerbü-Feeling schon recht groß.
Unterwegs sehen wir den Wegweiser zur Skule, aber der Groschen fällt bei mir erst kurz vor der Ankunft am MoMo. Hatte ich das nicht auf visitnorway.de gelesen? Das war doch bestimmt die ehemalige Dorfschule, die man jetzt als Sehenswürdigkeit hergerichtet hat?
Also mache ich mich noch mal auf den Weg zur Heimdal Skule. Und meine Erwartungen werden mehr als erfüllt. Das ist eine kleine Zeitreise in die Welt, die unsere Eltern noch kennen. Denn im Jahr 1958 wurde die im Jahr 1900 erbaute Schule geschlossen und soll sich in genau dem Zustand befinden, den sie damals hatte. Glaubt man sofort!
Es ist wieder mal eine dieser kleinen Entdeckungen am Wegesrand, die ich an unserer Art zu reisen so liebe. Da wäre man im Leben nicht extra für hingefahren, ist dann am Ende aber froh, dass man es gefunden hat.
Es beeindruckt mich auch wieder, dass es in Norwegen einfach möglich ist, so etwas unverschlossen zu lassen, ohne dass vandaliert wird oder Dinge gestohlen werden. Der einzige Vandalismus, den ich beobachten konnte, waren die Tafelbeschriftungen durch die Kinder, die dort zu Besuch waren.
Ein kleiner, aber feiner Geheimtipp!
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