In der Nacht hat uns diesmal ein Tropfgeräusch auf Trab gehalten, von dem wir nicht sagen konnten, woher genau es kommt. Auf jeden Fall nicht aus dem Wasserhahn.
Erst, als den Ausgleichskeil unter dem Vorderrad wegnehme, dämmert es mir. Es kommt nämlich ein Schwall Wasser vom Dach hinunter. Anscheinend waren wir so perfekt ausbalanciert, dass das Regenwasser vom Dach nur tröpfchenweise abfließen konnte. Vorzugsweise, wenn man sich im Alkoven umdreht. Sachen gibt’s!
Sensationelle Zufallsentdeckung
Auch heute wollen wir wieder ein paar Kilometer Richtung Meer machen. Auf dem Weg auf einer kleinen Nebenstraße fällt uns auf, dass hier viele Autos geparkt sind und sich Familien auf einen Ausflug begeben. Komisch, wir hatten doch gar nichts über eine große Attraktion in dieser Ecke gelesen? Am Kraftwerk des Steinfossen wenden wir kurzentschlossen, fahren die paar Meter zum größeren Parkplatz zurück und machen uns bereit für einen kleinen Spaziergang, um uns den Wasserfall anzugucken, zu dem hier anscheinend alle laufen.
Nachdem wir die Brücke überquert haben, sehen wir sowohl Fluss als auch Wasserfall. Aber weder die schäumende Otra noch der aus dem Berg sprudelnde Wasserfall sind der Star. Das ist hier die hölzerne Tømmerrenna (Flößerrinne) von Vennesla, die neben dem Fluss entlang führt und heute nicht mehr zum Flößen von Baumstämmen aus dem Hinterland benutzt wird, sondern eine 1a-Touristenattraktion ist. Denn in der hölzernen Rinne läuft man ca. 4 Kilometer flussaufwärts.
Was eine abgefahrene Wanderung
Am Anfang einigen wir uns darauf, dass man das ja auch mal gemacht haben muss und wollen nach der ersten Biegung bald wieder umkehren, da wir ja nur auf einen Mini-Fotostop eingestellt sind. Aber daraus wird schnell mehr, weil es einfach zu verlockend ist, sich bei dem prächtigen Wetter, das wir heute haben, auch noch den nächsten Ausblick zu gönnen. Und den nächsten. Aber jetzt drehen wir um? Boah, hast du die Brücke gesehen? Weiter!
Wir geraten regelrecht in einen Sog, der uns immer nach dem nächsten Ausblick gieren lässt und werden von den abwechslungsreichen Ausblicken, der faszinierenden, an manchen Stellen leicht verfallenen Rinne und dem einfachen Vorwärtskommen immer weiter die Tømmerrenna hochgesogen. Wir können einfach nicht aufhören!
Zu einfach, zu schwer
Was diese Strecke ausmacht, ist die gleichzeitige absolute Sicherheit und Problemlosigkeit bei gleichzeitigem Nervenkitzel. So eine irre Kombination haben wir noch nie erlebt. Es sind wirklich viele Familien unterwegs und die Kleinen laufen gefahrlos, weil ja links und rechts alles abgeschlossen ist. Aber gleichzeitig wird es kribbelig, wenn man jemandem begegnet, weil sich dann einer auf die Seite lehnen muss, damit der andere passieren kann. Und wenn Elli dann auf die Idee kommt, dass sie über den Rand springen muss, um Platz zu machen, geht der Puls dann doch hoch…
Die 2 Hängebrücken über den Fluss, der übrigens wieder mächtig Hochwasser hat, sind dann richtige, schwingend vibrierende Highlights der Tour. Für Annette mit ihrer Höhenangst gar nicht so leicht zu meistern, aber sie schafft es vorbildlich – sie meint nur, dass der Angstschweiss doch etwas länger zum Trocknen brauche.
Zug verpasst
Hinter der Picknickarea Paulengård zweigt dann eine Art brüchiger Damm zum stillgelegten Kraftwerk Kringsjå ab. Wenn man die Wasserkraft der Otra hier sieht, kann man fantasieren, dass sie das Kraftwerk einfach geschrottet hat.
Wir beschließen, die Tømmerrenna eine Weile zu verlassen und auf der anderen Otraseite weiterzugehen, bis wir wieder auf die Rinne treffen. Der Weg ist auch hier superleicht zu begehen, da es ein Forstweg ist, an dessen Rändern mächtig viel Feuerholz geschichtet ist. Und an einer Stelle gibt es sogar Holzthröne für Annette und Elli!
Auf dem Rückweg hoffen wir noch, die Setesdalsbanen für ein Foto zu erwischen. Auf dem Hinweg haben wir die Dampflok nur tuten hören, aber leider nur teilweise sehen können. Das wäre sicher ein ziemlich tolles Bild, wenn man die Dampflok über der wild schäumenden Otra erwischt. Steht auf meiner To-do-Liste, wenn wir hier noch mal hinkommen. Denn das ist ein Ort, zu dem man sicher mehr als einmal hingehen kann!
Hinterland
Noch ganz verzückt fahren wir weiter zu unserem Ziel, dem See Ogge. Wir sind hier gerade mal 40 Minuten von der Großstadt Kristiansand (na ja, 111.000 Einwohner) entfernt, aber hier gibt es schon Norwegenromantik pur. Schotterstraßen vorbei an Seen, wo ein Haus eine schönere Aussicht als das nächste zu bieten hat. Tolle Gegend!
Wir finden einen Parkplatz vor, den wir uns besser gar nicht wünschen könnten. Es gibt sogar einen Anleger für Boote.
Uns zieht es nach einer ausgedehnten Mittagspause aber in die Blaubeeren. Die wachsen nämlich im Wäldchen hinter dem MoMo und warten nur darauf, von uns gepflückt und von Annette zu leckeren Blaubeerpfannkuchen verarbeitet zu werden. Was wir dann natürlich auch gerne machen.
See für uns allein
Zum Sonnenuntergang machen wir noch einen kleinen Weg zum benachbarten Kanuübernachtungsplatz auf einer kleinen Halbinsel. Die Kojen sind aber verwaist und wir sind die einzigen Besucher an diesem Abend. Es wirkt fast schon ein wenig gespenstisch, dass dieser Ort, an dem bestimmt 10–15 Leute übernachten könnten, so verlassen ist.
Aber wir genießen die Stille und den Frieden dort und gucken der Sonne beim Untergehen zu. Ist das schön hier!
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