Wir sind froher Hoffnung. Nach dem Aufwachen ist doch tatsächlich der Himmel blau und es sieht so aus, als würde die Sonne endlich zurückkommen. Na ja, fast.
Denn bis wir aufbruchbereit sind, im Supermarkt eingekauft, an der Tankstelle getankt und ver- und entsorgt haben, ist der Regen wieder am Start. Nicht so heftig wie in den letzten Tagen, aber langsam nervt es.
Aber in jedem Ying steckt auch ein Yang. Und dieses Yang wird uns heute viel Freude machen. Durch die anhaltenden und starken Regenfälle ist die Sira, der Fluss, der sich durch das Sirdal schlängelt, zu einem breiten und an den Engstellen reißenden Strom geworden.
Es ist mehr als beeindruckend, mit welcher gewaltigen Kraft das Wasser hier durchströmt. Und es ist auch mächtig Landunter. Manchmal sehen wir sogar regelrecht kleine Wäldchen abgesoffen unter den Wassermassen. Wow!
Dorgefoss
Als wir die Steigung zum Dorgefoss hochfahren stockt uns kurz der Atem: Was ist denn hier los? Ein lautes Getöse, Wasserschleier über dem Tal und Gottseidank ein guter Parkplatz – die waren nämlich auf dem bisherigen Stück eher rar gesät.
Wir sind uns ziemlich sicher, dass das im Moment wirklich viel Wasser sein muss, was hier zu Tal stürzt. Denn sonst würde dieser Wasserfall sicherlich in allen Reiseführern im Pflichtprogramm stehen. Wie sich das Wasser hier schäumend und tobend seinen Weg sucht ist wirklich absolut beeindruckend. Vor allem, weil man so unfassbar nah dran ist. Meine Kamera läuft heiß!
Wir haben wirklich schon tolle Wasserfälle in Norwegen gesehen, aber dieser hier gehört zu (zumindest mit diesen Wassermengen) meinen absoluten Favoriten. Und das will ja was heißen, weil wir auch schon unter einem Wasserfall geduscht oder einen hintergangen haben. Oder den höchsten unregulierten Wasserfall Norwegens bestaunt haben.
Geplatzte Wanderpläne
Wir halten uns lange an diesem tollen Wasserfall auf. Vielleicht zu lange? Denn als wir am Wanderparkplatz für den Storeknut ankommen, zieht es sich zu. Die Wanderung zum Storeknut sollte eigentlich unser zweiter Knuten auf dieser Reise werden. Nach der fantastischen Wanderung zum Lindeknuten haben wir da richtig Lust drauf. Das Problem: Es bleibt nicht beim Zuziehen, alsbald schüttet es wieder mal wie aus Kübeln. Och nööö!
Wir schreiben die Wanderung ab und trinken stattdessen erst mal einen Kaffee. Und kommen dann doch wieder mal arg ins Staunen über die Norweger. Neben uns parkt ein Auto und eine Norwegerin macht sich in aller Seelenruhe wanderfertig und stiefelt tatsächlich im strömenden Regen hoch zum Storeknut. Was sind wir doch für Pussies!
Aber so ganz geben wir nicht auf. Als Plan B wollen wir eine Uferwanderung entlang der Sira machen, die in Kvæven am Fjellmuseum losgehen soll. Und da der Regen nur noch tröpfelt wollen wir jetzt beweisen, dass uns so ein bisschen Regen ja schließlich auch nicht abhalten kann. Wir stiefeln also los und schon auf den ersten Metern gibt es durch das tolle, düstere Licht jede Menge Fotomöglichkeiten.
Aber nach 500 Metern endet unsere Wanderung abrupt. Wir sollen hier nämlich die Sira auf einer Brücke überqueren.
Das sollte man wohl im Moment lieber mal sein lassen…
Aber auch hier ergeben sich natürlich wieder tolle Gelegenheiten zum Fotografieren und die Kamera läuft heiß. Wann sieht man schon mal einen Golfplatz unter Wasser?
Grandioses Fjell
Etwas frustriert, dass es auch heute wieder nichts mit der Bewegung wird, fahren wir weiter in Richtung Byglandsfjord. Auf der Karte sieht das aus wie ein kurzes Verbindungsstück vom Sirdal zum westlich gelegenen Tal der Otra. In Wirklichkeit wird es ein Highlight unserer Reise. Dieser Abschnitt auf der RV45, einem Teil des Suleskarvegen führt nicht einfach von A nach B. Es geht erst mal einen Pass bergauf. Und auf dem Fjell angekommen, geht es dann auf einer allenfalls 1-½-spurigen Straße bergauf und bergab, dass es eine reine Freude ist.
Und noch viel besser wird es, wenn der Regen nachlässt und dann sogar mal die Sonne durchkommt und einzelne Stellen beleuchtet. Das ganze vor dem eher dunklen Himmel ist ganz, ganz großes Norwegenkino!
Und als wäre der Grandiositätsfaktor nicht ohnehin schon am Anschlag, spendiert uns die Natur noch einen Regenbogen am Ende der Straße. Was kommt denn noch?
Na ja, wie wäre es mit einem Blick hinab ins Tal mit einem Panorama das durchaus auch in den Yosemite-Nationalpark in den USA passen würde?
Entspannendes Setesdal
Nach so viel Sinneseindrücken sind wir regelrecht dankbar, als wir im Setesdal auf die RV9 in Richtung Norden abbiegen. DIe Straße ist bestens ausgebaut, so dass man tatsächlich mal mit 80km/h und eingeschaltetem Tempomat cruisen kann.
Die Landschaft ist immer noch mehr als toll und auf die kargen Steinwände zur linken sind geschmackvoll zwei Wasserfälle drapiert. Einfach so. Weil sie das halt können mit der Landschaftgestaltung in Norwegen.
Hinter Valle finden wir dann den Picknickplatz Honnevje vor, wo sich die Otra in zwei Teile teilt. Schon wieder mächtig viel Wasser! Wir beschließen, dass dieses Spektakel dann ganz gut zu unserem Hochwassertag passt und parken das MoMo am Rand des Flusses. Wäre aber wirklich besser, wenn der Regen, wie vom Wetterbericht angekündigt, jetzt endlich aufhört. Denn sonst kriegen wir in der Nacht nasse Füße!
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