Gleich um die Ecke von unserem Stellplatz in Randvik gibt es die Jettegrytene auf Sild. Nein, das ist kein speziell norwegisches Fischgericht. Sondern vielmehr sogenannte Gletschertöpfe, Überbleibsel aus der letzten Eiszeit, die kreisrunde Kessel ins Gestein gefressen haben.
Und um die Ecke heißt in Norwegen natürlich: fahren. Denn obwohl sie vielleicht 5 Kilometer Luftlinie entfernt sind, fahren wir eine halbe Stunde dorthin. Eine Runde um den Fjord, bitte. Auf der Strecke merken wir wieder, dass wir uns in Südnorwegen befinden. Für norwegische Verhältnisse und einen Sonntag richtig viel Verkehr, sodass man auf der engen Straße schon gut zirkeln muss, damit das passt. Und am eigentlichen Wanderparkplatz ist alles besetzt – gut, dass wir zuvor eine komplett freie Parkbucht gesehen hatten, zu der wir dann zurückfahren.
Familienausflug
Ich hatte eigentlich ein bisschen darauf spekuliert, dass bei diesem bedeckten, leicht regnerischen Wetter nicht sehr viele Leute die kurze Wanderung zu den Jettegrytene machen würden. Ich hätte nicht falscher liegen können. Zum einen war es wohl für den Durchschnittsnorweger stinknormales Wetter und zum anderen mit einem Sonntag der ideale Tag für einen Familienausflug. Und der wird hier mit Kind und Kegel gemacht. Kinder im Alter ab einem guten Jahr aufwärts klettern munter durch die Felsenlandschaft. Größte Bewunderung zollen wir einem blinden(!) Mädchen, dass sich mit seinem Stock vortastet und von seiner Mutter über den unwegsamen Pfad durch Wald und Felsen gelotst wird.
Coole Aussicht
An den Jettegrytene angekommen, wird mir relativ schnell klar, dass ich meinen Plan mit Langzeitbelichtungen wohl in der Pfeife rauchen kann. Ich starte zwar einen Versuch, gebe aber bald schon auf.
Denn es handelt sich hier um einen großen und einen etwas kleineren Gletschertopf, die beide von Leuten umlagert werden. Zunächst nur von einer Familie, aber als wir gehen, ist es regelrecht voll und es ist ein fröhlicher Arschbombenwettbewerb im Gange.
Die Aussicht auf das ganze Spektakel ist dann am Ende auch das, was den Besuch für uns auszeichnet. Was kann man schon gegen gute Stimmung an einem besonderen Ort am Meer haben?
Auf dem Rückweg sammeln wir noch ein paar Himbeeren, stärken uns vor der Weiterfahrt mit einer Himbeerdickmilch und plaudern nett mit dem Pärchen, die hinter uns mit ihrem Woelcke Autark Runner XL geparkt hatten. Schickes Fahrzeug!
Spektakuläre Entsorgung
Wir bleiben unserem Zickzackkurs treu und verlassen die Küste schon wieder. Für morgen ist gutes Wetter angesagt und ich habe einen einsamen See im Hinterland ausfindig gemacht, an dem es wirklich schön sein könnte. Paddeln und ein entspannter Chilltag hören sich verlockender an als Sightseeing in norwegischen Städten. Und zum Meer kommen wir garantiert bald zurück!
Die Strecke in Richtung Åmli ist schon ein kleiner norwegischer Traum. Immer wieder Seen rechts oder links von uns, von steilen Felswänden begrenzt und zwischendrin ein rot-weißes Häuschen. Wir kommen sogar durch eine Ortschaft namens Vassenden und passenderweise fängt es hier auch an zu schütten wie aus Kübeln. So ein Name verpflichtet halt!
In Åmli gibt es eine Entsorgungsstation, wo sich die Meinungen im Internet teilen: Man kann alles erledigen, nix klappt, Frischwasser ja, Grauwasser nein. Wir hoffen, dass es so schlimm nicht wird.
Es wird nicht schlimm, aber nun ja, nennen wir es mal ungewöhnlich. So eine Station haben wir nämlich bisher noch nie gesehen. Es gibt zwar die Säule, an der man, wie sonst auch, alles erledigen kann. Aber alles ist immer etwas anders gelöst als sonst wo. Es gibt nämlich einen zentralen Schalter, den man für jeden Vorgang (Toilette, Grauwasser, Frischwasser) in eine andere Stellung bringen muss. Und einen Druckknopf, der dann auch noch betätigt werden will. Aber so weit, so gut. Kann man ja schaffen.
Was dann aber wirklich eine höchst ungewöhnliche Konstruktion ist, ist die Grauwasserentsorgung. An einem langen Röhrenschlauch ist am Ende eine Art Kupplung montiert. Es ist nur völlig unklar, wie diese denn am Womo befestigt werden soll. Ich habe aber auch hierzu eine Lösung: Wir haben ja für solche Fälle einen Schlauch mit Bajonettverschluss im MoMo, der auch tatsächlich auf den von der Kupplung befreiten Entsorgungsschlauch passt. Zumindest relativ gut… Und dann wird das Grauwasser tatsächlich auf Knopfdruck abgepumpt. Hurra! Zumindest so lange, bis auch nach dem fünften Knopfdruck immer noch nicht alles Wasser abgepumpt ist. Angeblich soll die Pumpe 53 Liter pro Pumpvorgang schaffen. Aber 250 Liter fasst unser Grauwasser nun wirklich nicht!
Entnervt schließe ich den Grauwasserhahn des MoMos und entferne unseren Schlauch wieder vom Pumpschlauch. Und wenn man jetzt den Grauwasserschlauch einfach in den Toilettenschacht hält? Aber der liegt 5 Zentimeter höher als unser Schlauch und meine Versuche scheitern kläglich. Immerhin bekomme ich den Bajonettschlauch ohne größere Sauerei entfernt und kann ihn noch mit klarem Wasser ausspülen. Aber als ich dann den Pumpschlauch elegant mit dem Fuß wegschieben möchte, schwappt die darin verbliebene Brühe über meine Schuhe. Erwähnte ich, dass ich Crocs anhatte…? Bei der Inspektion des Grauwassertanks ergibt sich später, dass die Pumpe wohl doch funktioniert hat, nur einfach seeeehr langsam gearbeitet hat. Immerhin ist der Tank leer und wir können beruhigt und voll versorgt weiter fahren.
Herrliches Gjövdal
Kurz hinter Åmli biegen wir ins Gjövdal ab. Die Strecke gefällt uns ausgesprochen gut. Wir haben hier das erste Mal das Gefühl, dass wir wirklich im einsamen Norwegen unterwegs sind. Und das, obwohl wir gerade mal 70 Kilometer von der Küste entfernt sind!
Am Onevatn biegen wir links in einen Feldweg ein und sind gespannt wie ein Flitzebogen, was uns am Ende erwartet. Wir glauben bis zum Schluss nicht, dass es wirklich der angekündigt einsame Platz am See sein würde. Aber es stimmt! Hinter einer letzten Kurve befindet sich auf einmal eine größere Fläche, auf der wir einsamst und doch unmittelbar am See stehen können. Großartig!
Die einzigen Menschen, die wir für den Rest des Tages sehen, sind ein Vater, der mit seinem Sohn auf einem roten Boot zum Angeln über den See schippert und Angler, die abends einmal kurz vorbeikommen. Ansonsten ist es hier so friedlich wie nur irgendwas.
Der Wetterbericht stimmt mal wieder auf die Minute: Es wird immer freundlicher und bei unserem abendlichen Grillen ist der Himmel über uns auf einmal blau.
Das ändert sich dann erst wieder gegen Abend als die Nebelschwaden schon über den See ziehen. Da sorgen ein paar harmlose Wolken in Richtung Sonnenuntergang für tolle Farben am Himmel und auf dem See. Wir sind angekommen.
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